»Erbunwürdig«: Witwe legt dem Nachlassgericht unechtes Testament vor

Bundesgerichtshof

  • Lesedauer: 2 Min.

Ein Ehepaar verfasste 1997 ein gemeinschaftliches Testament und setzte sich gegenseitig als Erben ein. Die Ehefrau schrieb den Text, dann unterzeichnete sie mit ihrem Namen und dem ihres Ehemannes. Er selbst unterschrieb das Testament nicht. Allerdings zeigte der Mann ein paar Wochen später Bekannten das Papier und sagte dazu, »das haben wir gemacht«. Auf die Frage eines der Besucher, ob er das Testament noch notariell beurkunden lassen wolle, antwortete er: »Ja, das machen wir noch«.

Doch den Gang zum Notar verschoben die Eheleute so lange, bis es schließlich zu spät war. Nach dem Tod des Mannes legte die Witwe dem Nachlassgericht das Testament vor und beantragte einen Erbschein. Doch nun trat der nächste Angehörige des Verstorbenen auf den Plan und erklärte, das Testament sei unecht: Der Erblasser habe es nicht unterschrieben. Der Verwandte focht mit Erfolg die Erbeinsetzung der Witwe an.

Vergeblich argumentierte die Frau, ihr Mann habe das Testament genau so gebilligt (»das haben wir gemacht«). Dass sie es an Stelle des Erblassers unterschrieb, sei deswegen nur eine Formsache – das hätte er ihr »verziehen«.

Die Witwe habe dem Nachlassgericht kein Testament, sondern nur einen Entwurf vorgelegt, entschied der Bundesgerichtshof. Das habe der Verstorbene auch so gesehen, sonst hätte er nicht gesagt, dass sein letzter Wille noch notariell beurkundet werden sollte.

Wer mit einem Testament, das nicht vom Erblasser unterschrieben sei, einen Erbschein beantrage, mache von »einer unechten Urkunde Gebrauch«. Das sei strafbare Urkundenfälschung.

Der Erblasser habe zwar gewusst und gebilligt, dass seine Frau den Entwurf eines Testaments unterschrieb. Damit habe er aber nicht gleichzeitig »abgesegnet«, dass dieser Entwurf mit der falschen Unterschrift dem Nachlassgericht als Testament vorgelegt werden sollte. Daher sei die Witwe »erbunwürdig« – auch wenn sie in gutem Glauben daran gehandelt habe, dass ihr verstorbener Mann das so gewollt hätte.

Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 28. Mai 2008 - IV ZR 138/07

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal