Flüchtig oder unauslöschlich, kostbar oder qualvoll: Die Magie der Erinnerung

Wolfgang Schmidbauer

Was wir erlebt haben, hinterlässt Spuren. Aber diese Spuren sind nicht fest gelegt; sie gleichen einer Geschichte, die wir uns immer wieder erzählen und die sich in diesem Prozess verändert.

Nietzsche hat beschrieben, wie die persönliche Erinnerung dem Stolz (wir würden heute Narzissmus sagen) unterworfen ist; die Verdrängung, welche Freuds Lehre vom Unbewussten prägt, führt diesen Gedanken systematisch fort. Aber es hat schon viel früher auch kollektive, von gesellschaftlicher Macht in Szene gesetzte Versuche gegeben, Erinnerung zu löschen oder zu fälschen. So wissen wir, dass im alten Ägypten die Nachfolger des Pharao Echnaton dessen Namen aus möglichst vielen Inschriften und Stelen tilgten, als hätte es diesen großen Reformer und Renegaten des Polytheismus nie gegeben. Von solchen über dreitausend Jahre alten Anfängen zieht sich eine Linie bis zu Stalins Befehl, jene Fotografien zu fälschen, auf denen er zusammen mit Trotzki zu sehen ist.

Das Unerwünschte, das Kränkende, das hat es nie gegeben! In dem Hollywood-Film »Ararat« mit Charles Aznavour als Regisseur gibt es eine Szene, in der sich ein Schauspieler türkischer A...


Wenn Sie ein Abo haben, loggen Sie sich ein:

Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.

Bitte aktivieren Sie Cookies, um sich einloggen zu können.