Müssen die Konzerne nachgeben?

Aribert Peters über eine mögliche Einigung bei den Gaspreisen / Aribert Peters ist Gründer und Vorsitzender des Vereins Bund der Energieverbraucher

  • Lesedauer: 3 Min.

ND: Das Bundeskartellamt hat im März Verfahren gegen 35 regionale Gasversorgungsunternehmen, darunter auch Gesellschaften von RWE und E.on, eingeleitet. Warum wurden diese Verfahren angestrengt?
Peters: Ausgangspunkt waren die stark unterschiedlichen und teilweise extrem überhöhten Gaspreise der Versorger, und zwar nach Abzug der Netzentgelte und der Steuern, die sogenannten Rohmargen. Das war für das Kartellamt der Ausgangspunkt für die Aufnahme von Ermittlungen.

Mit E.on gibt es bereits eine Einigung. Wie sieht die aus?
Die Einigung sieht vor, dass die Energiekonzerne die Preiserhöhungen herauszögern und den Kunden Geldbeträge gutschreiben. Den Verbrauchern soll ein Bonus von 35 Euro gewährt werden. Insgesamt handelt es sich um eine Gutschrift von rund 55 Millionen Euro an die Gasverbraucher.

Das »Handelsblatt« berichtet, ein Vergleich zwischen Kartellamt und den restlichen Versorgern stehe kurz bevor. Preissenkungen und Entschädigungszahlungen an die Kunden werden erwartet. Ist das realistisch?
Bei E.on war es ähnlich. Deshalb gehe ich davon aus, dass der Bericht glaubwürdig ist und noch bis Ende des Jahres eine Einigung erzielt wird. Der Bund der Energieverbraucher e. V. ist an zwei dieser Verfahren als Anwalt der Verbraucher auch direkt beteiligt.

Mit welchen Rückzahlungen können die Verbraucher rechnen? Im Gespräch sind Beträge im dreistelligen Millionenbereich.
Diese Zahlen hören sich erst einmal gut an. Aber sie werden sich auf eine große Zahl von Endkunden verteilen, so dass für den einzelnen am Ende nur geringe Beträge bleiben. Wir haben bisher noch keinen Überblick, mit welchen finanziellen Beträgen der einzelne Kunde rechnen kann.

Warum das Umdenken der Gasversorger? Fürchten die Konzerne, wie berichtet wird, eine Missbrauchsverfügung?
Kommt keine Einigung zustande, dann gibt es eine Missbrauchsverfügung des Kartellamts. Dem einzelnen Kunden steht aber unabhängig von Ausgang des Kartellverfahrens immer das Recht zu, die Gaspreiserhöhungen zu überprüfen, ob sie gerechtfertigt sind und der »Billigkeit« nach Paragraf 315 BGB entsprechen. Bis der Versorger diesen Nachweis erbracht hat, braucht der Kunde die Erhöhung nicht zu zahlen, wenn er dies dem Versorger schriftlich mitteilt. Weil sehr viele Kunden von diesem Recht gebrauch machen, stehen die Versorger unter Druck und wollen nicht zusätzlich sich noch mit dem Kartellamt anlegen.

Die Energiekonzerne behaupten, der Gaspreis sei an den Ölpreis gekoppelt. Öl aber ist billig wie lange nicht mehr. Warum fällt der Gaspreis nicht in dem Maße wie der Ölpreis?
Die Gasversorger setzen die Preise für Haushaltskunden fest und sind dabei nicht an die Höhe der Ölpreise gebunden – weder juristisch noch vertraglich. Das Märchen von der Ölpreisbindung soll davon ablenken, dass die Gasversorger die Gaspreise einseitig festlegen. Deshalb unterliegen sie auch der Billigkeitskontrolle.

Die Gaspreise sind in der Regel mit der Höhe der Bezugskosten zu rechtfertigen. Bei diesen Kosten spielen die Ölpreise eine gewisse Rolle. Aber sie wirken sich nicht zu 100 Prozent auf den Gaspreis aus. Es gibt auch Gasmengen, die ohne diese Ölpreisbindung bezogen werden können. Insofern ist auch das Argument nicht überzeugend, man könnte erst im kommenden Jahr die Gaspreise senken.

Fragen: Christian Klemm

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