Stillos nachgetreten ...

Neue Biografie macht Stoiber zum Sündenbock des CSU-Niedergangs

  • Lesedauer: 2 Min.
Keine zwei Monate nach dem historischen Wahldebakel der CSU macht eine neue Biografie den ehemaligen Parteichef Edmund Stoiber zum Verantwortlichen für den Niedergang.

München (dpa/ND). »Verlust der Bodenhaftung«, »verworfene Chancen« – der langjährige Bayern-Regent schneidet nicht gut ab in dem 222 Seiten langen Buch »Edmund Stoiber – Aufstieg und Fall« des Münchner Journalisten Rudolf Erhard, das am Donnerstagabend in München vorgestellt wurde. Der Landtagskorrespondent des Bayerischen Rundfunks, der seit 1982 aus dem bayerischen Landtag berichtet, macht den ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten zum Sündenbock für die tiefe Krise der CSU und das Scheitern des Nachfolgetandems mit Günther Beckstein und Erwin Huber. Für Zündstoff sorgen auch Gerüchte über eine angebliche Affäre Stoibers mit einer CSU-Bundestagsabgeordneten im Jahr 2005, die auch ein Grund für seinen Rückzug aus Berlin gewesen sein soll.

Der Autor zeichnet eine Karriere nach, die so steil nach oben wie nach unten ging. Stoiber habe nach dem Wahlfiasko im September am Sturz Becksteins und Hubers maßgeblich mitgewirkt, schreibt Erhard. Seinen Nachfolgern habe er jede Unterstützung und Hilfe verweigert, er habe sich an den »Putschisten« rächen wollen für die »Schmach von Kreuth« – also seinen in einer Winterklausur eingeleiteten erzwungenen Rücktritt. Stoiber habe Format und Größe vermissen lassen und »stillos nachgetreten, nicht offen, sondern hinter den Kulissen. Er hat damit seinem Ansehen und seinem Lebenswerk geschadet.« Diese Einschätzung teilen viele in der CSU. In der Passage über die angebliche Affäre Stoibers mit einer Frau, die »vom Aussehen her verblüffende Ähnlichkeit mit der jungen Karin Stoiber habe«, bleibt das Buch vage und beschränkt sich auf Andeutungen und die Wiedergabe von Gerüchten. Direkt gefragt habe er Stoiber auch nicht, räumt Erhard ein.

Ein Sprecher Stoibers sagt, Zitate seien Stoiber nicht zur Autorisierung vorgelegt worden und das Vorabexemplar, um das Stoiber gebeten hatte, sei verweigert worden.

Der frühere Wissenschaftsminister Thomas Goppel (CSU) wirft dem Verlag vor, falsche Gerüchte aufgegriffen zu haben, um mehr Bücher zu verkaufen. Stoiber selbst nahm bislang nicht Stellung.

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