Erbschaftsteuer durch, Wowereit auch?

Gesetz nahm letzte Hürde im Bundesrat / Abstimmung löst Regierungsstreit in Berlin aus

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 2 Min.
Die jahrelang umstrittene Erbschaftsteuerreform ist beschlossene Sache. Am Freitag stimmte nach dem Bundestag auch die Länderkammer, der Bundesrat, zu. In der Berliner Landesregierung führt das Thema allerdings zu neuem Streit.

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück verteidigte das Gesetzeswerk in der Aussprache nochmals gegen Kritik von Rechts und sprach von »absichtsvollen Missverständnissen« – denn noch nie habe es ein derartiges Steuerprivileg für den Betriebsübergang gegeben. Dies trifft zweifellos zu. Von der Steuer befreit werden Familienbetriebe, wenn die Erben den Betrieb zehn Jahre lang weiterführen und die Arbeitsplätze dort erhalten. Deutlich begünstigt werden auch die direkten Erben privaten Vermögens. Die Freibeträge für Ehegatten, Kinder und Enkel wurden kräftig angehoben. Ehegatten können nun 500 000 Euro steuerfrei vererben, auch Lebenspartnern steht dieser Betrag zu. Für Kinder wurde er von 205 000 Euro auf 400 000 Euro nahezu verdoppelt, für Enkel von 51 200 Euro auf 200 000 Euro fast vervierfacht.

Dies ist für die LINKE Grund genug, das Gesetz scharf zu kritisieren, aus entgegengesetztem Grund damit allerdings als die FDP, die ebenfalls ihre Zustimmung verweigerte. Im Bundesrat kann sie Einfluss auf die Entscheidungen nur über die Regierung des Landes Berlin nehmen. Berlin stimmte dem Gesetz am Freitag allerdings zu. Bereits im Vorfeld jedoch hatten widersprüchliche Informationen über das geplante Berliner Stimmverhalten für Rätselraten gesorgt. Von einer möglichen Zustimmung war die Rede, die mit einer heftigen Kritik am Gesetz verbunden werden solle.

Denn auch die Länder mit FDP-Regierungsbeteiligung kündigten Stimmenthaltung an, selbst Bayern – dessen Produkt die letzte Version des Entwurfes praktisch ist. Zuletzt war von einem »Polster« von nur einer einzigen Stimme die Rede. Nach der Abstimmung beklagte die LINKE, über den Tisch gezogen worden zu sein. Trotz ihrer Ablehnung habe der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) dem Gesetz die Zustimmung gegeben, hieß es. Bei Meinungsverschiedenheit der Koalitionspartner sieht der Koalitionsvertrag Stimmenthaltung vor. Er habe der »vertrauensvollen Zusammenarbeit in der Koalition Schaden zugefügt«, so anschließend der Parteivorsitzende der LINKEN, Klaus Lederer, entsprechend zornig. Wowereit wurde daraufhin mit der Rechtfertigung zitiert, sein Ja sei im »Interesse des Landes Berlin notwendig« gewesen.

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