Weiß-blaues Gependel

  • Gabriele Oertel
  • Lesedauer: 2 Min.

Vermutlich zwickt sich Horst Seehofer nicht mehr jeden Morgen vor Ungläubigkeit, wenn er die Münchner Staatskanzlei betritt. Dass das Wunder seines plötzlichen Machtgewinns sich irgendwann in den Mühen der Ebenen verlieren würde, hat der Ingolstädter freilich gewusst. Aber dass das Ungemach in Gestalt der Milliardenkrise der BayernLB so schnell und brutal über ihn hereinbrechen würde, dürfte selbst der ausgemachte Politprofi kaum geahnt haben. Als beinahe erste Amtshandlung musste Seehofer sich eine Entschuldigung vorm Landtag abquälen. Vielleicht ist diese Schmach auch der Grund, warum der CSU-Vorsitzende jetzt so aufdreht und der CDU-Vorsitzenden und Kanzlerin in Sachen Konjunktur mehr abfordert. Sein Vier-Punkte-Programm »jetzt und nicht irgendwann« wird der immer noch auf Zeit spielenden Angela Merkel wenig Freude bereiten. Und auch die Drohung, dem Koalitionsgipfel im Januar fernzubleiben, sollte bis dahin nichts geschehen, kann die glatt als Erpressung auffassen. Wenn, ja wenn die Kanzlerin nicht doch eher in heftigen Lachkrampf verfällt. Denn was von derlei weiß-blauer Zickerei zu halten ist, weiß die Kanzlerin zur Genüge. Beispiel Pendlerpauschale. Erst stimmt die CSU in der Koalition der Kürzung zu, dann fordert sie im Landtagswahlkampf eine sofortige Rolle rückwärts – um die bei der Abstimmung im Bundestag über einen diesbezüglichen Antrag der LINKEN mit bayerischer Stimmengewalt zu verhindern. »Ein dreifaches Nein« hat Seehofer jetzt zur Neuregelung der Pauschale zu Protokoll gegeben. Er sollte sich hin und wieder doch mal wieder zwicken und sich in München die Machtverhältnisse in der Union in Erinnerung rufen.

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