Glück ist hochansteckend

Studie: Wohlbefinden breitet sich in Gruppen aus

  • Walter Willems
  • Lesedauer: 2 Min.

Dass Lachen ansteckt, ist allgemein bekannt. Nun deutet eine Langzeitstudie zusätzlich darauf hin, dass sich auch Glück und Zufriedenheit innerhalb sozialer Gruppen und sogar unter Nachbarn fortpflanzen. Demnach übertragen sich Glücksgefühle eines Menschen tendenziell nicht allein auf seine Freunde und Bekannten, sondern diese geben die Emotion wiederum an ihr eigenes Umfeld weiter.

Der Harvard-Soziologe Nicholas Christakis und James Fowler von der Universität von Kalifornien in San Diego werteten in der Untersuchung Daten über Gesundheit, Befindlichkeit und soziale Kontakte von über 4700 Erwachsenen über einen Zeitraum von 20 Jahren aus. Die statistische Analyse ergab, dass das Gefühl, glücklich zu sein, ein hochansteckendes kollektives Phänomen ist, das sich in einer Kettenreaktion durch soziale Netzwerke ausbreitet.

Demnach steigert ein glücklicher Mensch die Wahrscheinlichkeit seines direkten Nachbarn, glücklich zu sein, um 34 Prozent, die eines in der Nähe wohnenden Freundes um 14 Prozent, die eines in derselben Wohnung lebenden Partners allerdings lediglich um acht Prozent. Jeder dieser Betroffenen gibt die Emotion wiederum der Studie zufolge tendenziell unter seinen eigenen Bekannten weiter. Selbst in deren Umfeld fanden die Forscher noch einen messbaren positiven Effekt. »Wir haben herausgefunden, dass der eigene emotionale Status von den Gefühlen von Menschen abhängen kann, die man nicht einmal kennt«, bilanziert Christakis. Allerdings ließ die Wirkung mit zunehmender räumlicher und zeitlicher Distanz stark nach.

»Die aus unserer Sicht wichtigste Erkenntnis ist, dass Menschen in soziale Netze eingebunden sind, und dass die Gesundheit und das Wohlbefinden einer Person sich auf Gesundheit und Wohlbefinden anderer auswirken«, schreiben die Forscher im »British Medical Journal« (Online, DOI: 10.1136/ bmj.a2338). Angesichts der gegenwärtigen Wirtschaftskrise betonen die Forscher, dass Trauer weniger ansteckend ist als Zufriedenheit.

In der Fachwelt stößt die Untersuchung auf ein geteiltes Echo. Während zwei Autoren aus den USA und England – ebenfalls im »British Medical Journal« – in einem Kommentar von einer »bahnbrechenden Studie« sprechen, bleibt der Gesundheitsforscher Jason Fletcher von der Universität Yale eher skeptisch: In der Studie habe die eigene Befangenheit die beiden Forscher möglicherweise Effekte sehen lassen, die es nicht gebe.

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