Sparen ist noch am besten

Handbuch zur Energieversorgung und zum Klimaschutz

  • Eric Breitinger
  • Lesedauer: 3 Min.
Neuerscheinungen zur Energiedebatte behandeln meist nur einzelne Facetten des Themas. Nun bündelt ein neuer Sammelband die wichtigsten Themen, Fakten und Standpunkte zur Frage, wie wir künftig Energie gewinnen sollen.

Auch wenn Benzin derzeit so billig ist wie lange nicht mehr, so wird der Preis bald wieder steigen. Daran lässt das Buch »Sichere Energie im 21. Jahrhundert« keinen Zweifel. Der langjährige Spiegel-Journalist Jürgen Petermann versammelt auf 416 Seiten Artikel von über 30 Journalisten, Politikern und Wissenschaftern zu allen wichtigen Aspekten der Energiedebatte. Die Texte beschäftigen sich unter anderem mit der immer weiter auseinanderklaffenden Schere zwischen schrumpfenden Ölvorräten und steigendem Bedarf, dem Weltklima, der Renaissance der Atomkraft sowie dem Potenzial erneuerbarer Energien wie Erdwärme oder Biomasse. Es geht um die Autos der Zukunft, die umstrittene Wasserstoffwirtschaft sowie die Frage, was nach dem Kyoto-Protokoll kommt und ob Terroristen unsere Energiesicherheit gefährden können.

Der Verlag nimmt den Mund etwas voll, wenn er sein Buch als »Energie-Bibel für jedermann« rühmt. Das Handbuch taugt als Nachschlagewerk für Fakten, Daten, Hintergründe, wobei ein Literaturverzeichnis gut getan hätte. Die Texte sind in bester Spiegel-Manier auf dem neuesten Stand des Wissens, verständlich und unterhaltsam geschrieben. Die Fotos sind fast alle Hingucker. Aufwändige Infografiken illustrieren komplexe Themen wie die Abscheidung und Deponierung von CO2 oder die Funktionsweise eines Passivhauses.

Absolute Wahrheiten bietet jedoch auch dieses Buch nicht. Dazu sind Themen wie die Kernkraft schon unter den Autoren zu umstritten. Einig sind sie sich jedoch darin, dass lediglich ein Energiemix die künftige Nachfrage decken kann. Eine Hauptrolle billigen sie dabei der billigsten und umweltschonendsten Form des Umgangs mit Energie zu: dem Sparen.

Bislang kommen von 100 Prozent Öl, Kohle, Gas oder Uran nur 30 Prozent als Nutzenergie beim Verbraucher an, erklärt der ehemalige Leiter des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie, Peter Hennicke. Der große Rest verpufft. Für Hennicke ist es daher höchste Zeit für eine Effizienzrevolution. Die Techniken dafür stehen bereit. Hocheffiziente Autos, Heizungen, Fernsehapparate oder Kühlschränke holen aus jeder eingesetzten Kilowattstunde im Vergleich zu heute den vier- bis fünffachen Nutzen heraus. Daneben können auch kleine Verhaltensänderungen große Effekte haben. So lässt sich der Benzinverbrauch eines Autos um fünf Prozent verringern, wenn man regelmäßig den Luftdruck in den Reifen überprüft.

Der Sammelband zeigt auch, dass es selbst neoliberalen Autoren inzwischen dämmert, dass der »Markt« allein die Energie- und Klimakrise nicht meistern wird. So mahnt etwa der Ex-Direktor der Internationalen Energieagentur in Paris, Claude Mandil, eine aktivere Rolle des Staates an. Dieser muss Geräte besser kennzeichnen, Konsumenten besser aufklären und mittels neuer Normen den Markt stärker regulieren. Experte Hennicke fordert darüber hinaus neue staatliche Anreizsysteme. Eines müsse zum Beispiel dafür sorgen, dass es sich für Energiekonzerne lohnt, ihren Kunden zu helfen, Energie zu sparen statt zu verplempern.

Jürgen Petermann (Hrsg.), »Sichere Energie im 21. Jahrhundert«, Hoffmann und Campe 2008, 416 S., 25 EUR

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