Auf Wunder folgen Tränen

Gemeinhin wird der Torwart zum besten Spieler seiner Mannschaft erklärt, wenn er eine Niederlage in Grenzen hält. Dass beim 4:0 von Hertha BSC gegen den Karlsruher SC dennoch der Berliner Schlussmann Jaroslaw Drobny von Her-tha-Manager Dieter Hoeneß zum »Spieler des Spiels« gekürt wurde, charakterisiert die Partie recht anschaulich. Waren es doch die Gäste aus dem Badischen, die über 90 Minuten das Spiel bestimmten, knapp 60 Prozent Ballbesitz hatten und im Gegensatz zu acht Berliner Flanken den Ball 29 Mal vor Drobnys Gehäuse brachten.

»Unser Goalie hat wieder ein, zwei Wunder gemacht«, lobte auch der Berliner Trainer Lucien Favre den Tschechen gewohnt charmant. Die waren auch nötig: 22 Schüsse feuerten die Gäste ab. Natürlich lag es nicht allein an Drobny, auch das Unvermögen der KSC-Stürmer ließ die Berliner Null stehen.

Die Hertha-Spieler beeindruckten fast nur durch ihre Effektivität. Von zwölf Torschüssen landeten vier im Netz. Die frühe Führung erzielte Maximilian Nicu (8.), die eingewechselten Domowtschijski (74.), Lustenberger (86.) und Raffael (88.) besorgten den Rest.

Nach zwischenzeitlichen Pfiffen feierten die gut 38 000 Hertha-Fans nach der besten Hinrunde in der Klubgeschichte Tabellenplatz drei und Marko Pantelic. Lange nach Spielende stand der Serbe allein auf der Tartanbahn des Berliner Olympiastadions – er lauschte wehmütig und unter Tränen den minutenlangen Sprechchören. Es klang nach Abschied.

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Wie unterschiedlich die Spielanalyse von Trainern ausfallen kann, war nach dem trostlosen 1:1 von Energie Cottbus bei Bayer Leverkusen zu hören. Bojan Prasnikar, Coach der Lausitzer, meinte, dass »mit mehr Glück noch mehr möglich gewesen wäre«. Dabei übersah er, dass vor dem Ausgleichstreffer der Cottbuser durch Jiayi Shao in der Nachspielzeit lediglich eine nennenswerte Chance in 90 Minuten erspielt wurde. Dennoch ist der Punktgewinn bei einem Spitzenteam ein Erfolg und ungemein wichtig im Abstiegskampf.

Von verlorenen Zählern sprach hingegen Bayer-Coach Bruno Labbadia, der »ein Spiel auf ein Tor« gesehen hat. Doch auch die Leverkusener kamen zu wenig zwingenden Chancen, das Tor von Simon Rolfes (77.) fiel auch eher zufällig.

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Beim Rekordmeister ist man zufrieden: »Der Start war etwas holprig, doch seit drei Monaten läuft es rund«, so die Hinrundenbilanz von Trainer Jürgen Klinsmann nach dem 2:2 seines FC Bayern München beim VfB Stuttgart. Die Serie von 17 ungeschlagenen Pflichtspielen gibt dem Coach Recht. Doch die Abhängigkeit von Franck Ribery sollte den Münchner Verantwortlichen zu denken geben. Erst als der spielfreudige Franzose nach einer Verletzung Anfang Oktober wieder auflaufen konnte, kamen die Bayern in Schwung. Dieser fehlte gegen die Schwaben, weil eben Taktgeber Ribery wieder verletzt zuschauen musste.

Ohne die kreativen Momente des Franzosen konnten die Bayern keinen Druck aufbauen, so dass Stuttgarts Teamchef Markus Babbel zu Recht konstatierte: »Wir haben die Bayern beherrscht, was nicht einfach ist.« Nun hat auch der VfB eine Serie. Unter Babbel, der seit vier Spielen für das Team verantwortlich ist, haben die Stuttgarter nicht mehr verloren – zwei Siege und zwei Unentschieden lautet die Bilanz.

Den Punkt gegen die Bayern sicherte Sami Khedira mit seinem zweiten Treffer in der Schlussminute, per Flugkopfball hatte er in der Nachspielzeit der ersten Hälfte die 1:0-Führung erzielt. »Den Ball haut man entweder ins Tor oder in den Neckar«, beschrieb der Doppeltorschütze seinen Volleyschuss unter die Latte zum verdienten 2:2.

Als der Ausgleich fiel, waren die Bayern schon in Unterzahl. Massimo Oddo musste fünf Minuten vor Spielende das Feld verlassen, nachdem er den Stuttgarter Christian Träsch mit gestrecktem Bein am Kopf traf. Doch da Tim Borowski (48.) und Luca Toni (66.) zuvor getroffen hatten, geht auch Bayern-Manager Uli Hoeneß »hochzufrieden in die Winterpause«.

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