China im Windrausch

Der Energiehunger brachte Schub für Erneuerbare und die heimische Industrie

  • Dierk Jensen
  • Lesedauer: 3 Min.
Chinas Energiehunger brachte kräftigen Schub für die Windkraft. 2007 kamen über 3300 Megawatt (MW) Leistung aus Windrädern ans Netz. Der Boom lockt viele Newcomer auf den Markt.

Grau hängt der Himmel am Morgen über der kargen und weiten Landschaft in Qahar Youji Zhongqi nordöstlich von Hohhot, der Hauptstadt der autonomen Provinz Innere Mongolei im Norden Chinas. Über Nacht ist Schnee gefallen. Mit Steinkohle beladene Lastwagen brausen vorbei. Ein Monteurteam der Firma CSIC bricht zusammen mit einem Ingenieur des Rendsburger Ingenieurbüros Aerodyn zur Hochebene Hui Teng Xi Le auf, die den Chinesen seit vielen Jahren als Testfeld dient. In 2000 Meter Höhe stehen hier Windenergieanlagen der europäischen Hersteller Micon, Nordex, Vestas und Zond. In den letzten Jahren kamen größere Maschinen von Suzlon (Indien), GE Energy (USA), Gamesa (Spanien), Goldwind und Sinovel (beide China) dazu. Ende 2007 drehten sich in der fast endlosen Weidelandschaft, in der einsame Hirten ihre Schafherden hüten, über 400 Windrotoren mit einer Gesamtleistung von ca. 380 MW.

Nach einer knappen Stunde Fahrt kommt das Team auf der Baustelle des von Aerodyn entwickelten 2-MW-Prototypen an. Es gibt unerwartete Probleme mit der elektrischen Steuerung. »Wir sind unter Zeitdruck«, räumt Youchuan Tao, Chefingenieur des Windbereichs beim Schiffbaugiganten CSIC, ein. Obwohl der Prototyp gerade erst ans Netz gebracht wurde, möchte CSIC schon im September die Serienproduktion aufnehmen. Dafür ist in Chongqing, der Millionenstadt in der Mitte Chinas, eine neue Produktionshalle gebaut worden. Man will den Marktpreis in dem bisher von europäischen Herstellern beherrschten 2-MW-Segment unterbieten. »Unser Preis liegt pro Kilowatt bei 6000 bis 7000 Yuan«, sagt Chefingenieur Tao. Das sind umgerechnet etwa 550 bis 640 Euro – rund 40 Prozent weniger als bei europäische Windturbinen. Garant für diese Kalkulation ist allerdings, dass man zukünftig mindestens 70 Prozent der Komponenten aus China bezieht. Während CSIC bei Getriebe und Rotorblättern auf chinesische Hersteller setzt, wird man bei Lagern und elektrischen Systemkomponenten auf bewährte europäische Qualität zurückgreifen. Schon nach drei Jahren Produktion will das Unternehmen Windturbinen nach Europa, in die USA, den Mittleren Osten und nach Indien liefern.

Aber die Konkurrenz schläft nicht. Nur ein paar hundert Meter vom CSIC-Prototyp entfernt dreht sich seit Kurzem ein weiterer Neuling der 2-MW-Klasse: eine Repower-Turbine für kaltes Klima.

Über das Stadium eines Prototyps ist der chinesische Hersteller Sinovel derweil schon hinweg. Der Hersteller aus Dalian nimmt auf dem Hochplateau einen Windpark in Betrieb, der mit 1,5-MW-Anlagen bestückt ist, die in Lizenz, vergeben vom deutschen Hersteller Fuhrländer, gefertigt werden. Sinovel setzte sich im vergangenen Jahr mit knapp 680 MW an die zweite Position im chinesischen Herstellermarkt und kam als Neunter erstmals unter die Top Ten der Weltrangliste. Konkurrent Goldwind behauptete 2007 mit 830 MW neu installierter Leistung den ersten Rang in China.

Die Naturbedingungen in China sind günstig für die Windnutzung. Vor allem in den nordwestlichen und nördlichen Provinzen gibt es windreiche und vielerorts menschenleere Regionen. Derzeit liegen die Provinzen Innere Mongolei mit über 1500 MW Leistung, Jilin (612 MW), Hebei (491 MW – Foto: AFP) und Heilongjiang (408 MW) an der Spitze.

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