nd-aktuell.de / 05.01.2009 / Politik / Seite 8

Fragwürdige Anklagen gegen Linke Perus

Mehrere Festnahmen wegen angeblicher Zusammenarbeit mit Kolumbiens Guerilla

Harald Neuber
Die peruanische Regierung macht gegen Vertreter linker Parteien und Gewerkschaften mobil – auch mit Haftbefehlen.

Über die Feiertage wurden in Peru Haftbefehle gegen gut ein Dutzend Oppositionspolitiker und Gewerkschafter erlassen. Vorgweorfen wird ihnen offenbar Zusammenarbeit mit der Guerillaorganisation Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens (FARC). Doch gesehen hat die Haftbefehle noch niemand. Die linke Opposition und soziale Organisationen vermuten eine Kampagne gegen Kritiker der neoliberalen Regierung unter Alan García.

Bereits am 20. Dezember wurde der Vertreter der Bauarbeitergewerkschaft Buenaventura Vera Pérez in Lima überraschend festgenommen. Rund einen Monat zuvor war ein anderer Gewerkschaftsaktivist, Favio Carbonero, inhaftiert worden. Erst nach diesen Festnahmen erfuhr die Zeitung »La Primera« auf Nachfrage von Haftbefehlen gegen 13 weitere Aktivisten aus Gewerkschaften und Parteien, unter ihnen Renán Raffo, führendes Mitglied der Peruanischen Kommunistischen Partei, und Alberto Moreno, Generalsekretär der maoistisch orientierten Kommunistischen Partei Perus »Patria Roja« (Rotes Vaterland).

»La Primera« weist seitdem täglich auf Widersprüche hin. So habe bislang niemand schlüssig erklären können, was den Gesuchten vorgeworfen wird, schrieb ihr Mitarbeiter Raúl Wiener. Die Justizbehörden hätten an das Innenministerium verwiesen, das seinerseits empfahl: »Fragen Sie bei der Staatsanwaltschaft nach.«

Nach und nach gelang es den Medien jedoch, die Anklage zu rekonstruieren. Offenbar hatten Mitte September kolumbianische Behörden behauptet, die Gesuchten hätten Kontakt zur FARC gehalten. Dies soll auf Informationen zurückgehen, die in den Computern des Anfang März getöteten Guerilla-Kommandeurs Raúl Reyes gefunden wurden.

Für die Angeklagten ist das nur ein Vorwand. Die Regierung versuche, durch einKlima der Angst den wachsenden sozialen Protesten in Peru entgegenzuwirken. Der ebenfalls zur Fahndung ausgeschriebene Vizepräsident des Gewerkschaftsdachverbandes CGTP, Olmedo Auris, verwies auf die politische Perspektive: Bei den Wahlen 2011 hätten linksnationalistische Kräfte gute Chancen, an die Regierung zu kommen. »Deswegen wollen sie uns kriminalisieren«, sagt Auris.

Jugendorganisationen und Gewerkschaften haben Proteste vor Regierungseinrichtungen angekündigt. Sie fordern nicht nur, dass die Anklagen umgehend fallen gelassen werden. Nach Angaben der kubanischen Nachrichtenagentur Prensa Latina hat die Verfolgung von Kritikern der Regierung García, einer der letzten neoliberalen Staatsführungen in der Region, einen Höhepunkt erreicht. 650 Teilnehmer sozialer Proteste müssten sich wegen ihres Engagements in Peru inzwischen vor Gericht verantworten.

Nicht nur diese Verfolgungen sind dramatisch, sondern auch die jüngsten Anklagen. Die Begründung der Haftbefehle mit E-Mails vom Computer des FARC-Manns Reyes sind äußerst fragwürdig: Anfang Dezember hatte Ronald Coy, Hauptmann der kolumbianischen Armee, unter Eid bestätigt, dass auf den Computern entgegen landläufiger Darstellungen keine einzige E-Mail gefunden wurde.