Leben ist Schmutz!

  • Hans-Dieter Schütt
  • Lesedauer: 2 Min.

Das kanadische Vancouver bereitet sich auf die Olympischen Spiele 2010 vor. Aus der Innenstadt sollen bis dahin die Obdachlosen, überhaupt die Ärmsten der Bevölkerung, verbannt werden. Der Vorgang ist ein Gleichnis, das den gesamten, auch den deutschen Westen erzählt – der nicht auf sein Bild verzichten will, golden zu sein.

Erst die saubere Stadt sei eine soziale Stadt? Weil nur sie verlässlich Kunden anzieht? Kühner wäre eine andere Logik: eine Stadt erst dann sauber zu nennen, wenn sie eine soziale Stadt ist. Und ein erster Schritt dahin: die krass geteilten Welten als Ganzes zu begreifen, den Obdachlosen zugehörig zu nennen, ihn zu uns zu zählen, uns zu ihm zu rechnen. Er ist lebendige Innenstadt, weil Leben immer mehr Schmutz ist, als uns lieb ist. Der Bürger will's persilweiß, indes sein Hund die Parks zerscheißt.

Nichts zerbricht die Verhältnisse. Wir sind im Wes(t)en zu gebrechlich, um an dem festzuhalten, was es noch nicht gibt: an der freundlichen Gesellschaft. Der Obdachlose ist dafür ein Beweis. Der uns anschaut. Ein Beweis, dass aus der großen Frage, wie man Leid abschafft, längst die kleine Frage wurde, wie man's erträgt. Wenn man es denn erträgt.

Vancouver wird olympisch. Also himmlisch, göttlich. Wie sehr menschlich bleibt so ein Aufstieg?

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