Alitalia – abgestürzt und neu gestartet

Privatisierte Airline begann Betrieb / Air France-KLM sicherte sich noch ein Viertel von der Zukunft

  • René Heilig
  • Lesedauer: 2 Min.
Nach jahrelangem erfolglosen Ringen um die Rettung der maroden italienischen Airline startet die früher staatliche Alitalia am Dienstag mal wieder neu durch. Diesmal privatisiert.

Es ging bei der neuen Alitalia so los, wie es bei der alten Alitalia allzu oft Alltag war: verspätet. 20 Minuten nach der Zeit hob die Maschine mit 159 Passagieren an Bord ab zum Flug in die Zukunft. Die sieht jedoch gar nicht so rosig aus. Italiens jüngste Airline besteht aus den Resten der vor sechs Jahrzehnten gegründeten Alitalia und der zweitgrößten italienischen Fluggesellschaft Air One und wird auf rund 3500 Mitarbeiter »verzichten«. Es bleiben 12 500 Arbeitsplätze sowie ein fast halbierter Flugbetrieb mit durchschnittlich 600 Flügen täglich, die von rund 100 Flugzeugen bewältigt werden.

Die Reduzierung sei notwendig und sinnvoll, sagen Wirtschaftsexperten – und denken da womöglich an die wachsenden Chancen der Konkurrenten. Schließlich ist Italien der viertgrößte Markt in Europas Luftfahrt. »Die neue Fluggesellschaft basiert auf den Werten der besten italienischen Luftfahrttradition und bietet ein breites Netz und eine moderne und effiziente Flotte an«, heißt es in den Werbetexten der neuen Airline. Auch Alitalia-Insolvenzverwalter Augusto Fantozzi nennt den angeblichen Neustart »historisch« und »revolutionär«. Nun könne die Gesellschaft endlich aus den schon chronisch-roten Zahlen herausfliegen. Doch auf wessen Kosten, fragen die Gewerkschaften grimmig zurück?! Sie drohen mit Streiks.

Lange Zeit galt die deutsche Lufthansa als ein möglicher Käufer von großen Anteilen an der maroden Alitalia. Doch in der vergangenen Woche hatten die Deutschen einen finanziellen Einstieg bei den Italienern abgelehnt. Es sei nur ein Konzept zur Zusammenarbeit im Luftfahrtbündnis Star Alliance vorgelegt worden, hieß es aus Rom. Das mag daran liegen, dass sich die Kranich-Airline, die sich für den Kampf gegen die US-Giganten in Europa »fettfrisst«, in der jüngsten Vergangenheit erst bei der Swiss und der österreichischen AUA engagiert hat. Dazu locken neue Schnäppchen in Skandinavien und Polen.

Einen Tag bevor die restrukturierte Alitalia ihren Betrieb aufgenommen hat, kam – wie von vielen Experten erwartet – die Air France-KLM zum Zuge. Für vorerst ein Viertel des Unternehmens zahle Air France-KLM rund 320 Millionen Euro. Die Airline hatte nach Auslastungsrückgängen im vergangenen Jahr erstmals im Dezember wieder leichte Zuwächse vermeldet.

Abb: Einst hatte die Al-italia die hübschesten Flugbegleiterinnen, die schmucksten Piloten, den besten Service und leider auch oft die rotesten Zahlen. Jetzt haben tausende Mitarbeiter das Nachsehen und errichteten »ihrer« ehemaligen Staats-Airline einen Grabstein.

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