Nazi-Aktivist als Schulassistent

Schulbehörde will Arbeitsverhältnis beenden – ob mit Erfolg, müssen Gerichte klären

  • Reimar Paul, Göttingen
  • Lesedauer: 2 Min.

Ein aktiver Neonazi hat zweieinhalb Jahre lang unbehelligt als Schulassistent an einem Göttinger Gymnasium gearbeitet. Der Fall flog erst diese Woche durch eine anonym an Journalisten verschickte E-Mail auf. Die Landesschulbehörde und das Gymnasium reagierten prompt: Der Rechtsextremist darf das Schulgelände nicht mehr betreten, das Arbeitsverhältnis soll »so schnell wie möglich« beendet werden. Rechtes Gedankengut habe an niedersächsischen Schulen »keinen Platz«, sagte Behördensprecherin Susanne Strätz.

Der 30 Jahre alte Marco B., der seit Sommer 2006 als »technischer Assistent« an dem Gymnasium beschäftigt und unter anderem für das Vorbereiten von Unterrichtsräumen zuständig war, ist den Verfassern der Mail zufolge in der Neonazi-Szene fest verwurzelt. Er sei Mitglied in der Göttinger NPD und werde zum engen Umfeld des NPD-Bundesvorstandsmitglieds Thorsten Heise sowie zur gewaltbereiten »Kameradschaft Northeim« gezählt. Zum Beleg waren der E-Mail auch Fotos beigefügt, die den Mann in Begleitung von Rechtsradikalen zeigen. B. soll auch Kontakte zu mindestens einem der Neonazis haben, die im November eine Göttinger Nachtbar mit Molotow-Cocktails attackierten.

Seit dem vergangenen Oktober steht Marco B. überdies wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Amtsgericht Pößneck in Thüringen. Er soll gemeinsam mit vier Kumpanen bei einem Rechtsrock-Konzert im April 2005 einen Nazi-Gegner angegriffen, geschlagen und getreten haben. Das Konzert, zu dem etwa 1000 Rechte angereist waren und bei dem einschlägig bekannte Gruppen wie »Gegenschlag« und »Trio Agitator« auftraten, fand im Pößnecker Schützenhaus statt. Der vermögende Neonazi und Anwalt Jürgen Rieger hatte die Immobilie über eine Stiftung erworben.

Verteidiger des 30-Jährigen in dem Strafverfahren ist nach Medienberichten der Uslarer Anwalt Klaus Kunze, der schon häufig Rechtsextremisten vor Gericht vertrat und Autor der Rechtspostille »Junge Freiheit« ist.

Der Direktor des Göttinger Gymnasiums, Wolfgang Schimpf, hatte nach eigenen Angaben »keine Ahnung«, dass der Schulassistent aktiver Neonazi ist. Das sei in der Schule bis zu dieser Woche nicht bekannt gewesen, so der Pädagoge. Inzwischen habe B. ihm gegenüber seine NPD-Mitgliedschaft und den anhängigen Prozess eingeräumt, sagte Schimpf. Das Kollegium distanziere sich scharf von dem Gedankengut des bisherigen Mitarbeiters.

Ob das verfügte Arbeitsverbot juristisch Bestand hat, muss allerdings noch geklärt werden. Arbeitsrechtler verweisen darauf, dass die NPD keine verbotene Partei ist. Zudem ist in dem Pößnecker Verfahren noch kein Urteil gefällt worden.

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