Wird der Fuchsbau an Neonazis verhökert?

Im brandenburgischen Fürstenwalde befürchtet man den Verkauf einer Bunkeranlage an die NPD

  • Sybille Gurack
  • Lesedauer: 4 Min.
Der Bunker »Fuchsbau« war ein Lieblingsprojekt des SS-Reichsführers Heinrich Himmler. Die NVA unterhielt in der geheimen Anlage in der Nähe des brandenburgischen Fürstenwalde die Zentrale Luftverteidigungsstelle. Nun könnte die rechtsextreme NPD den Bunker übernehmen, befürchtet eine lokale Initiative.

Mysteriöse Dinge geschehen im brandenburgischen Fürstenwalde. Die in der Nähe gelegene Bunkeranlage soll verkauft werden. Für Mitte Januar hat sich bereits ein Herr G. aus Solingen angemeldet. Er will mit seinem Landschaftsbauer Umgestaltungen rings um den Bunker besprechen. Der jetzige Betreiber der Anlage – der gemeinnützige Verein Interessengemeinschaft Bunker Fuchsbau gem. e.V. – ist aufgefordert, die Schlüssel zu übergeben. Der Verein weigert sich allerdings. Denn es gibt immer mehr Anzeichen, dass der Käufer aus der rechtsextremen Szene kommt.

Die Verkaufsmodalitäten der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA), praktisch der Makler der Bundesregierung, sind alles andere als transparent. Fakt ist, dass es am 2. Februar im Fürstenwalder Umland eine Beratung gibt zum Thema: »Mögliche Gefahr rechten Gedankengutes im technischen Denkmal Fuchsbau«. Eingeladen hat der SPD-Bundestagsabgeordnete Jörg Vogelsänger.

Ein weiterer Hinweis ist, dass die rechtsextreme NPD ihre gerade erworbene Immobilie im 8000 Meter Luftlinie entfernten Rauen jüngst räumen musste. Schadenfrohen Anwohnern wurde dabei zugerufen, dass man zwar ausziehe, aber nicht weit fortgehen werde. Und ein drittes Indiz für rechte Käufer ist, dass es seitens des Staates offensichtlich kein Interesse daran gibt, das technische Denkmal Bunkeranlage weiterhin für die Öffentlichkeit zu erhalten.

Dubioser Bieter Philip G. aus Solingen

Denn das Kaufangebot des gemeinnützigen Trägers wurde ausgeschlagen. 10 000 Euro hatten die Vereinsmitglieder aufgebracht, um die Anlage zu kaufen, in der SS, NVA und Bundeswehr wichtige Nachrichtenanlagen unterhielten.

Der Verein hatte vor vier Jahren die bis dahin versiegelte Bunkeranlage von meterdicken Betonschichten im Haupteingang befreit, die Hunderte Meter langen Gänge wieder klimatisiert und nicht zuletzt einen Großteil der Technik aus vergangenen Zeiten instand gesetzt. Bis heute tragen die Mitglieder monatlich 2000 Euro Betriebskosten, organisieren wöchentlich Führungen durch das europaweit einmalige Denkmal. Überaus erfolgreich ist auch die Zusammenarbeit mit Schülerprojekten vor Ort. In- und ausländische Besucher würdigen immer wieder den gelungenen Spagat, die umstrittene Geschichte der Anlage so neutral als technisches Denkmal zu präsentieren.

Ende Dezember dann der Schock: Ein Herr Schulze von der BIMA teilte lapidar mit, dass das Angebot des Vereins nicht berücksichtigt werden konnte. Zugleich erwähnte er einen von ihm »ausgewählten Erwerber«. Der outete sich bereits 2008 selbst telefonisch und per E-Mail als Philip G. aus Solingen. Er bot an, immer das Doppelte vom Höchstgebot zu zahlen. Nachforschungen ergaben, dass Herr G. mit seinem Sohn Kaminholz verkauft. Ein Holzfäller-Familienbetrieb, der 800 000 Euro für eine Bunkeranlage bezahlt?

Zwar gibt es Wald rings um die Bunkeranlage. Aber auf der 190 Hektar großen Fläche wachsen weder Edelhölzer noch Trüffel. »Forstwirtschaftlich ist hier kein Gewinn zu machen, das bestätigte uns auch ein bayerischer Forstbetrieb, der ursprünglich ebenfalls Interesse hatte«, so die Vereinsmitglieder. Abgesprungen sei dieser vor allem bei der Info, dass es sich um ein Bergbaugefährdungsgebiet handele, wo maschinelle Beforstung nicht möglich sei.

Technisches Denkmal nicht vorgesehen

Weil immer wieder Braunkohlestollen einbrechen können, ist auch ein Interessent eines Abenteuer-Parks gegangen. Bauliche Veränderungen sind praktisch unmöglich. Der lokale Verein wollte von der BIMA nun wissen, welche Nutzung der neue Eigner vorsehe. Dabei drängt sich die Vermutung auf, dass Herr G. nur Bieter, nicht Käufer sei. Zum Käufer wolle man indes keine Angaben machen. Nur: Verhandlungsberater aus Schweden seien dabei und der Name Thurn & Taxis fiel. Panik sei verfehlt, schließlich gehe es nur um den Verkauf eines Außenbereiches mit Wald. Dabei beruft sich die Bundesanstalt auf einen Fehler im Flächennutzungsplan: Tatsächlich ist das technische Denkmal im Plan nicht berücksichtigt. Ein Fehler, der bislang nicht beseitigt wurde. Ende 2008 bekundeten die an der Liegenschaft beteiligten Ämter Scharmützelsee und Spreenhagen, dass sie die gemeinnützige Arbeit des Vereins Fuchsbau befürworten und eine Änderung des Flächennutzungsplanes zum Sondergebiet »Museum« eingeleitet hätten.

Die Mitglieder der Interessengemeinschaft befürchten jetzt, dass der Bunker – einst Lieblingsobjekt Heinrich Himmlers – zum Pilgerort mutieren könnte. Hier sind die Fernschreiber des Sicherheitsdienstes der SS, die originalen Wasserhähne und teilweise auch noch Klo-Brillen vorhanden. Die BIMA reagierte auf solche Vorwürfe abwehrend, indem sie der Interessengemeinschaft vorwirft, sie würde die Geschichtsträchtigkeit konstruieren. Dass der Verein vom Brandenburger Landtag keine Unterstützung zu erwarten hat, belegt eine Unterschriftensammlung, die Mitte September 2008 an den Petitionsausschuss eingesandt worden war. Die damit verbundene Bitte, den Verein zu unterstützen, wurde abgebügelt: »Für den Petitionsausschuss ist nicht ersichtlich, wie das Land Brandenburg Einfluss auf die Verwendungsbemühungen des Bundes nehmen könnte.« Noch drastischer drückte sich die zuständige Referatsleiterin der BIMA aus. Sie riet der Interessengemeinschaft: »Suchen Sie sich doch einen anderen Bunker zum Spielen!«

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