Der Blick von oben

Es gehörte zu den Kindesabenteuern im Nachkriegsberlin, auf alten wurmstichigen Holzleitern über die mit Teerpappe abgedeckten engen Luken auf die Dächer zu steigen und dort in ein Meer rauchender Schornsteine einzutauchen, Brandmauern zu überwinden und irgendwann in einer Nachbarstraße wieder abzusteigen. Dort oben war man König – Dächer, Türme, Kuppeln und Ruinen bis zum Horizont. Und dann der schwindelerregende Blick über den Ziegelrand 30 Meter in die Tiefe auf die Bier- oder Müllkutschen, oder die Dreirad-Nuckelpinnen mit den Eismännern, wie sie in dicken Handschuhen und einem Lederschutz auf den Schultern die meterlangen kalten Blöcke schleppten.

Ein ähnliches Gefühl muss den Fotografen Karl Johaentges getrieben haben, als er Berlin aufs Dach stieg, um den besonderen, nicht alltäglichen Blick auf diese Metropole zu wagen. Was für eine Stadt! Von oben sieht alles anders aus, das Altbekannte präsentiert si...