Recht auf Wahrheit über Tod von Dennis

Rund 200 Menschen demonstrieren mit Trauermarsch vom Friedhof zum Polizeipräsidium

  • Lesedauer: 2 Min.

(dpa). Der von einem Polizisten erschossene Dennis J. ist am Freitag in Neukölln beerdigt worden. Anschließend protestierten rund 200 Menschen mit einem Trauermarsch zum Polizeipräsidium in Tempelhof gegen den tödlichen Polizeieinsatz. Auf Transparenten stand unter anderem: »Wir fordern! Schütze in U-Haft«. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin ordnete inzwischen eine richterliche Vernehmung der beiden Kollegen des Schützen an. Die Polizisten sollten so zu einer »wahrheitsgemäßen« Aussage gebracht werden, sagte Oberstaatsanwältin Lolita Lodenkämper.

Der per Haftbefehl gesuchte, unbewaffnete Dennis J. war am Silvesterabend in Brandenburg von einem Berliner Polizisten aus nächster Nähe erschossen worden, als er festgenommen werden sollte. Gegen den 34-jährigen Berliner Kommissar wird wegen Verdachts auf Totschlag ermittelt. Nach Ansicht von Berlins Polizeipräsident Dieter Glietsch könnte eine Fehlreaktion der eingesetzten Beamten die Ursache für die tödlichen Schüsse in Schönfließ sein.

Die Oberstaatsanwältin sagte über die beiden Augenzeugen aus den Reihen der Polizei: »Wir wollen uns nicht damit abfinden, dass sie nichts gesehen und gehört haben wollen.« Einen Zeitpunkt für die geplante Vernehmung nannte Lodenkämper nicht.

Die beiden Polizisten sagten bisher, sie hätten wegen der Silvesterböller die Schüsse nicht gehört. Anwohner hingegen wollen von lauten Feuerwerkskörpern zu dieser Zeit – gegen 18 Uhr – nichts mitbekommen haben. Aus Justizkreisen hieß es, die Männer wollten offenbar ihren beschuldigten Kollegen nicht in Bedrängnis bringen.

An der Beerdigung für Dennis J. auf dem Alten St. Jacobi-Friedhof nahmen neben der Familie überwiegend junge Männer und Frauen teil, darunter auch viele arabisch- und türkischstämmige. Bei der Trauerfeier appellierte ein Redner, Gewalt, wie sie Dennis widerfahren sei, »nicht mit Gewalt zu vergelten«. Mit Blick auf die kriminelle Karriere des 26-Jährigen sagte der Redner: »Natürlich hat er manchmal Grenzen überschritten.« Aber Dennis sei »eben ein Junge aus Neukölln« gewesen und habe dieses Ende nicht verdient.

Der Schwager des Getöteten betonte in einer kurzen Rede bei einer Abschlusskundgebung vor dem Polizeipräsidium: »Unser Glaube an den Rechtsstaat ist erschüttert. Wir verlangen eine gründliche Prüfung der Ereignisse, damit wir unseren Kindern erklären können: die Polizei ist dein Freund und Helfer.« Ein anderer Mann rief: »Und nicht Dein Mörder.« Der Schwager von Dennis sagte weiter: »Wir alle haben ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren.«

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