Streit um »Bayerischen Amazonas«

Landesamt stützt neuerdings Öko-Kritik am Ausbau der oberen Donau

  • Benjamin Haerdle
  • Lesedauer: 3 Min.
»Bayerischen Amazonas« nennen Naturfreunde in Bayern die letzten 70 Kilometer der Donau in Deutschland, die zwischen Straubing und Vilshofen noch frei mäandrieren dürfen.

Jahrzehntelang kämpften Umweltverbände gegen die Begradigung des niederbayerischen Teilstücks der Donau und damit gegen die Landesregierung. Nun bekommen sie Rückenwind durch das bayerische Landesamt für Umweltschutz (LfU), das dem neuen CSU-Umweltminister Markus Söder untergeordnet ist. Das LfU stellte jüngst in einer detaillierten Bewertung für die europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) fest, der umkämpfte Donauabschnitt sei ein »nicht erheblich veränderter Wasserkörper«. Vor vier Jahren hatte die Behörde das noch ganz anders gesehen. Ausschlaggebend für die neue Einordnung waren der gute Zustand des Makrozoobenthos (das sind die am Gewässerboden lebenden Organismen, die mit dem bloßen Auge noch erkennbar sind) und die Artenvielfalt der Fische, die die Wissenschaftler als »bayernweit außergewöhnlich« bezeichneten. »Dieser Flussabschnitt ist ein wichtiger Ausgangspunkt für die Wiederverbreitung der Fischarten in die übrigen Fließgewässer des Donaugebietes«, erklärte das LfU. Die Stellungnahme könnte weitreichende Folgen haben. »Ein Ausbau der Donau scheint damit nur schwer denkbar, weil sonst gegen die WRRL und damit gegen europäisches Recht verstoßen wird«, sagt Dieter Scherf, Mitglied im Landesvorstand des Bundes Naturschutz in Bayern (BN).

Umweltminister Söder sagte der »Süddeutschen Zeitung«, die Einstufung durch die LfU sei keine Vorfestlegung für oder gegen eine bestimmte Variante des Donauausbaus. Gleichzeitig plädierte der CSU-Mann aber für einen sensiblen Umgang mit der Donau. »Ich halte es für außerordentlich wichtig, die ökologischen Belange zu berücksichtigen«, erklärte der neue Minister.

Söders Äußerungen schlagen in Bayern hohe Wellen. Parteikollegen erinnerten den Minister sogleich an die geltende CSU-Beschlusslage, die einen Ausbau der Donau in diesem Bereich sowie den Bau einer Staustufe bei Aicha vorsehen. Söder verwies dagegen auf den Koalitionsvertrag der frisch gebackenen CSU/FDP-Landesregierung. Der sieht ein ergebnisoffenes Gutachten zu verschiedenen Ausbauvarianten vor. Die rund 33 Millionen Euro teure Studie soll bis 2012 vorliegen.

Der bayerische Verkehrsminister Martin Zeil (FDP) schlug vor, die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Süd mit der Projektsteuerung des Gutachtens zu beauftragen. Bisher war mit den Ausbauplanungen stets die Rhein-Main-Donau AG beauftragt. Ihr wirft der BN vor, sie habe »massive wirtschaftliche Eigeninteressen an der Durchsetzung weiterer Staustufen«.

Damit könnte sich nun langsam ein Ende der ewigen Donaudiskussion ankündigen. Das hatten viele schon im Jahr 2002 erwartet. Damals hatte der Bundestag mit den Stimmen der rot-grünen Koalition beschlossen, die Donau nur sanft auszubauen und somit auf den Bau von Staustufen zu verzichten. Bayern hatte sich daran jedoch nicht gebunden gefühlt und seinerseits drei Jahre danach über die Regierung in Niederbayern ein Raumordnungsverfahren durchführen lassen. Naturschützer fordern nun die bayerische Staatsregierung zur Kapitulation auf. »Die Regierung soll die Blockade gegenüber dem Bund aufgeben und auf die Errichtung einer Staustufe endgültig verzichten«, sagte BN-Vorsitzender Hubert Weiger.

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