Unrechtmäßig zwangsversetzt

Hat DGB-Nord linken Kollegen gemaßregelt?

  • Velten Schäfer, Schwerin
  • Lesedauer: 3 Min.
Der DGB-Nord hat seinen Greifswalder Sekretär Thomas Möller zu Unrecht nach Hamburg zwangsversetzt, so ein Arbeitsgericht. Die Gewerkschaftsbasis hatte in der Versetzung eine politische Maßregelung gesehen.

Der DGB steht im Ruf, sich im Arbeitsrecht gut auszukennen. Insofern lässt es aufhorchen, wenn er es auf einen Arbeitsgerichtsprozess ankommen lässt, von dem zu erwarten ist, dass er verloren wird. Dann zumal, wenn es ein langjähriger Mitarbeiter ist, gegen den die Kollegen zu Felde ziehen. So war es im »Fall« von Thomas Möller. Der hauptamtliche Kreissekretär von Greifswald/Wolgast wurde vergangenes Jahr nach Hamburg zwangsversetzt. Aus »rein arbeitsrechtlichen Gründen«, wie es beim DGB-Nord stets hieß. Möller legte Widerspruch ein und die Sache ging vor Gericht.

Erwartungsgemäß hat Möller den Prozess vor dem Arbeitsgericht in Stralsund nun haushoch gewonnen. Das Gericht stellte fest, dass die Vorwürfe gegen Möller die vom DGB-Nord seinerzeit ausgesprochene Änderungskündigung auf keinen Fall rechtfertigten. Allenfalls hätte es, wenn sie denn zuträfen, zu einer ersten Abmahnung kommen dürfen.

Befragung in Berlin

Laut DGB hatte sich Möller zweier Verfehlungen schuldig gemacht. Einmal ging es um eine vermeintlich zu spät eingereichte Tagesordnung für eine Sitzung im hauptamtlichen Regionsvorstand Vorpommern. Der andere Vorwurf bezog sich auf einen bösen Brief an den dortigen Regionsvorsitzenden Volker Schulz, Möllers Vorgesetzten. Das polemische Schreiben, in dem dieser zum Rücktritt aufgefordert wurde, hatte Möller zwar nicht selbst abgefasst, sondern ein anderes Mitglied des Greifswalder Kreisvorstandes. Doch soll der Mann aufgrund eines gebrochenen Arms schreibunfähig gewesen sein. Möller habe sich das Schreiben daher diktieren lassen und dadurch inhaltlich unterstützt, argumentierte der DGB.

Die Ehrenamtlichen am Bodden haben das nie geglaubt, sondern an einen politischen Eingriff. »Natürlich können wir das nicht beweisen«, sagt Lothar Manthey, ehrenamtlicher Kreischef von Greifswald und Wolgast. Möller gilt als der LINKEN inhaltlich nahe, während der DGB-Nord von sozialdemokratischen Loyalitäten geprägt ist. Zum zweiten engagiert sich Möller stark gegen das umstrittene Lubminer Kraftwerksprojekt. Peter Deutschland, Chef des DGB-Nord, hat sich dafür ausgesprochen.

Jedenfalls wurde die Causa beim DGB sehr hoch gehängt. Möller wurde nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe angehört – beim Bundesvorstand in Berlin. Kurz danach erreichte ihn die Änderungskündigung. Möller selbst, der derzeit krankgeschrieben ist, bestätigt nur den Ausgang des Prozesses. Zur Sache äußern will er sich lieber nicht.

»Sinnloser Prozess«

Die Greifswalder würden nun am liebsten zur Sacharbeit zurückkehren, sagt Kreischef Manthey. Den Verfasser des polemischen Brandbriefes gegen den Regionsvorsitzenden, der Möller fast zum Verhängnis geworden wäre, haben sie aus ihrem ehrenamtlichen Gremium ausgeschlossen, ein Beitrag zur Versöhnung. »Wir erwarten jetzt aber, dass Thomas Möller nach seinem Willen wieder hier bei uns anfängt«, sagt Manthey. Ganz abgeschlossen hätten die Greifswalder mit der Sache allerdings nicht: »Wir hinterfragen schon, wie es zu einem derart sinnlosen Prozess kommen konnte.«

Wie sich der DGB verhalten wird, ist derzeit noch unklar. Die Hamburger Zentrale hat dazu noch nichts erklärt. Für Manthey aber ist eins klar: »Wenn der DGB das Verfahren in die nächste Instanz bringen sollte, liegt der politische Hintergrund deutlich auf der Hand.«

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