Dunkle Wasser der Lagune

Peter Dempf führt nach Venedig ins 16. Jahrhundert

  • Hannah Klein
  • Lesedauer: 3 Min.

Venedig im Jahr 1521 mit den alten Palazzi, Tavernen und Klöstern, den ewig an die Mauern schwappenden schwarzen Wassern der Lagune. Dorthin hat uns Peter Dempf schon in früheren Romanen geführt. Nun aber werden wir mit kalter (mörderischer) Hand regelrecht hineingezogen ins dunkle Herz von Venedigs Klosterfinsternis. Sieben (oder waren es sechs?) Morde müssen geschehen, bis sich einiges klärt, nicht alles, so manches bleibt Geheimnis. »Die Botschaft der Novizin« ist bis zu den letzten Seiten ein spannender Kriminalroman mit vielen kryptischen Botschaften und Verschlüsselungen. Die Toten sind – bis auf einen uralten Archivar – von ihren reichen venezianischen Familien ins Frauenkloster San Lorenzo gesperrte Frauen, die als Nonnen sowieso lebendig begraben sind. Und dann ist das Ganze ja nur ein verschlüsseltes Spiel mit der Fantasie. Mit unserer Gegenwart hat es gar nichts zu tun. Wie schön!

Grau ist der Morgen. Die Gondel schaukelt durch die schmalen Kanäle. Der Gondoliere hat Mühe, dem Bootskörper die Richtung zu geben. Vom Canal Grande geht es zum Rio San Giovanni und dann zum Kloster San Lorenzo, das mit einer fensterlosen Seite direkt am Wasser liegt. Hier hält die Gondel. Der Druckereibetreiber Guiseppe Marosini lässt seine junge Tochter Isabella hierher bringen. Sie soll, zunächst als Klosterschülerin, ihrer Tante Suor Francesca zu Seite stehen. Aber es sieht gar nicht so aus, als wenn sie bald die Klostermauern wieder verlassen und ihren Marcello heiraten könnte.

Das Kloster mit den labyrinthischen Säulengängen, Sehschlitzen, Horchgängen und Dielenlöchern, dem alten Garten und dem Beinhaus, mit eigenartigen Schattengestalten, geheimnisvollen Bildern und einer versteckten Zisterne ist der bedrohliche Rahmen für eine Entdeckung, die Isabella gleich am ersten Tag macht. Suor Francesca ist ermordet worden. Kaum hat Isabelle die Leiche der Tante gesehen, da ist sie auch schon wieder verschwunden. Francesca muss einem Geheimnis auf der Spur gewesen sein, das andere unbedingt verbergen wollen. Es hängt mit einer Schriftrolle zusammen, wie Isabella herausbekommt.

Hinter der ist auch der junge päpstliche Nuntius Padre Antonio her, der von Rom geschickt worden ist, um der Unzucht in den Klöstern einen Riegel vorzuschieben. Das ist auch nötig, denn in den Frauenklöstern jenseits der Alpen brodelt es, der Doktor Martinus Luther heiratet ein entlaufene Nonne, und in San Lorenzo geht es auch nicht gerade züchtig zu. Aus einer Zelle hört man sogar einmal Säuglingsschreie. Kaum hat Isabella mit den ersten Nachforschungen begonnen, wird eine zweite Nonne auf gleiche Weise erdrosselt. Kürzen wir ab! Schritt für Schritt, besser gesagt, durch Fluchten, Kletterpartien und tausend Risiken kommen Isabella und Padre Antonio der alten Schrift und einer Geheimgruppierung im Kloster auf die Spur und sich dabei auch selbst etwas gefährlich nahe, denn wir sind schließlich im 16. Jahrhundert und haben es mit jungen Menschen zu tun. Kluge, wagemutige Frauen liebt Peter Dempf offensichtlich besonders.

Peter Dempf: Die Botschaft der Novizin. Historischer Roman. Illustrationen von Ulrike Äpfelbach. Edition Lübbe. 477 S., geb., 22 EUR.

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