»Reformen« gegen Migranten

Italien: Regierung will Gesetze gegen illegale Einwanderer verschärfen

  • Tom Mustroph
  • Lesedauer: 2 Min.
Mit einem Bündel von Sanktionen verschärft Italiens Rechtsregierung den Kurs gegen illegale Immigranten.

Die Regierung von Silvio Berlusconi ist fleißig. Sie setzt den Sparkurs im Bildungsbereich durch, der aus dem Grundschulunterricht – der letzten halbwegs intakten Struktur – eine Katastrophenlandschaft machen wird. Eine Justizreform, die Ermittlungen gegen Mafia-Verbrechen und Korruption erschwert, ist auf dem Wege. Und der Senat hat bereits ein Gesetz verabschiedet, das illegale Einwanderung strafrechtlich sanktioniert.

Ins Gefängnis werden »Illegale« nicht gleich gesteckt. Aber es droht ihnen eine Strafe zwischen 5000 und 10 000 Euro. Beamtenbeleidigung, ein Delikt, das bei einer Ausweiskontrolle oder Festnahme schnell konstruiert werden kann, soll nach der Gesetzesnovelle hingegen Gefängnisaufenthalt bis zu drei Jahren nach sich ziehen. Die Gebühr für die Ausstellung italienischer Ausweisdokumente soll für Einwanderer von etwa 70 auf 200 Euro erhöht werden. Kirchenvertreter und Sprecher der linken Opposition haben den Gesetzentwurf als diskriminierend abgelehnt. Besondere Empörung hatte ausgelöst, dass damit Ärzte gezwungen werden könnten, Angaben über Patienten zu machen, die sich illegal im Lande aufhalten.

Die Gesetzesgrundlage wird zu einem Zeitpunkt verschärft, an dem das völlige Ignorieren der Wahlversprechen der Regierungskoalition zutage tritt. Berlusconi hatte bei Amtsantritt verkündet, das Problem der illegalen Einwanderung in Kürze in den Griff zu bekommen. Mit dem libyschen Staatschef Muammar al-Gaddafi waren Absprachen über ein Festhalten der Migranten bereits an Nordafrikas Küste getroffen worden. Zwar werden die Verhältnisse in den libyschen Lagern als erschreckend geschildert. In Rom war die Vereinbarung dennoch als Meilenstein gefeiert worden.

Trotz der umstrittenen Vorkontrollen hatte sich der Ansturm der Auswanderer im letzten Jahr laut Statistiken des Innenministeriums gegenüber 2007 von 11 749 auf 30 657 Personen fast verdreifacht. Die Anzahl der Anlandungen hatte sich nicht im gleichen Maße erhöht, was auf größere Schiffe oder noch extremere Beladung schließen lässt. Nach Auskunft der Paduer Richterin Paola Cameran – sie hatte sich vor acht Jahren einen Namen als Ermittlerin gegen Dopingpraktiken beim Giro d’Italia gemacht – wird der Transfer der Einwanderer weitgehend von kriminellen Organisationen betrieben. »Das betrifft sowohl den Transport über das Mittelmeer als auch die Weiterreise in Italien«, meint sie. Bei Razzien gegen Drogenhändler stoße sie häufig auf Menschen, die zuvor in Lampedusa registriert worden waren.

Die von ihr skizzierte Form des Menschenhandels wird durch die Kriminalisierung der illegalen Einwanderung kaum unterbunden werden. Die Organisatoren und Profiteure sind mit diesem Gesetz nicht zu fassen. Zudem gehört nur ein geringer Teil der Einwanderer zu den Drogenhändlern. Viele suchen sich Arbeit. Sie gehen putzen, besorgen den Haushalt und passen auf Kinder auf – die aufgrund der Bildungsreform jetzt früher aus der Schule geschickt werden.

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