Ostasiatische Abwärtsspirale

In China, Japan und Südkorea diskutiert man die Ausweitung der Konjunkturprogramme

  • Daniel Kestenholz, Bangkok
  • Lesedauer: 2 Min.

Die exportlastigen Volkswirtschaften Ostasiens, die nach den ersten Anzeichen einer schweren Wirtschaftskrise in den USA noch prahlten, sie seien kerngesund, zeigen ebenfalls Krankheitssymptome. In China und Südkorea verschlechtert sich die Wirtschaftslage rapide, während Japan im Dezember einen Exportrückgang von über 35 Prozent verbuchte – den tiefsten Fall seit das Land Exportdaten aufzeichnet.

Japan kann wegen eingebrochener globaler Nachfrage seine Elektronikgüter nicht länger absetzen, Marktführer Sony warnte jetzt vor dem ersten Jahresverlust seit 14 Jahren. Für westliche Wirtschaften wäre Chinas Wachstum, das im letzten Jahresquartal bei 6,8 Prozent lag, noch immer glänzend, doch China braucht ein knapp zweistelliges Wachstum, um allein das nachrückende Heer an neuen Arbeitskräften zu schlucken. Ein Wachstum von lediglich 6,8 Prozent bestätigt eine dramatische Abkühlung der Wirtschaft, die den Zuwachs der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt in einem Jahr fast halbierte. Noch 2007 stürmte China mit einem 13-Prozent-Wachstum voran.

Chinas Wirtschaftseinbruch stellt auch in Frage, dass die trotz alledem noch immer am schnellsten wachsende Wirtschaftsmacht der Welt den USA, Europa und Japan helfen kann, diese aus der Rezession zu hieven. Wachsende Sorgen auch beim Nachbarn Südkorea, wo die Wirtschaft im letzten Jahresquartal 5,6 Prozent kontrahierte. Das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte im Vorjahresvergleich um 3,4 Prozent.

Präsident Lee Myung Bak bezeichnete den Rückgang als schärfsten Konjunkturknick seit 1998 und einen »wirtschaftlichen Notstand«. Damals lag das Quartalswachstum bei 7,8 Prozent. Im laufenden Jahr rechnen Analysten damit, dass sich Südkoreas Wachstum von 3,3 Prozent aus dem vergangenen Jahr halbiert. Der Druck auf die Regierung wächst, Konjunkturpakete auszuweiten und die Geldmarktpolitik weiter zu lockern. Leitzinsen liegen bereits auf einem Rekordtief von 2,5 Prozent. Ökonomen fürchten, der Höhepunkt der Krise sei noch nicht überstanden.

Immerhin sollte Chinas massives Konjunkturpaket in diesen Wochen zu greifen beginnen, um wenigstens ein 8-Prozent-Wachstum zu erreichen, das die Schaffung von genügend Arbeitsplätzen sichern würde. Peking prognostiziert für 2009 ein Wachstum von 9 Prozent. Trotz der Entlassung von Millionen von Menschen in den vergangenen Monaten und vereinzelter Arbeitsproteste scheint die Regierungsstabilität dadurch nicht in Gefahr zu sein. Wirtschaftspolitisch fahren die Chefökonomen Pekings einen wachsamen Kurs ohne propagandistische Schönfärberei. »Die internationale Finanzkrise vertieft sich und breitet sich aus«, warnte jetzt Ma Jiantang von Chinas Statistischem Büro. »Das wird unsere Wirtschaft weiter negativ treffen.«

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