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Autos fürs Museum

Studie der Kritischen Aktionäre: Armutszeugnis für reichen Konzern

Nicht kleckern, sondern klotzen – so lautet das Motto vieler Porsche-Fahrer, aber auch beim Sportwagenbauer selbst. Am Mittwoch wurde vis-à-vis des Stammsitzes in Stuttgart das Porsche-Museum eröffnet, ein futuristischer 100-Millionen-Euro-Bau, für den 6000 Tonnen Stahl verbaut wurden. 80 historische Renn- und Sportwagenmodelle sind hier ausgestellt.

Doch auch der Autobauer droht im Museum zu landen, wenn er nicht seine Geschäftspolitik komplett umkrempelt. Dies ist der Tenor einer aktuellen Studie des Dachverbands der Kritischen Aktionäre. Obwohl sich immer mehr Menschen beim Autokauf für sparsameren Verbrauch interessieren, leben bei Porsche die »Konsum-Ideale der 50er und 60er Jahre« weiter, heißt es in der Studie. Und in der Werbung werden weiterhin »Ego-Zentrierung und Ignoranz gefördert« – Porsches sollen für Sportlichkeit und gesellschaftliches Prestige stehen. Dies verwundert kaum, wenn Vorstandschef Wendelin Wiedeking die Klimadiskussion als »ausgeklügelten Generalangriff auf unseren Wohlstand, auf unsere Wettbewerbsfähigkeit, ja auf unsere Kultur« bezeichnet.

Die Studie stellt dem reichen Konzern ein Armutszeugnis aus. Porsche setze seinen politischen Einfluss ein, um geplante Umweltvorgaben aufzuweichen. Und die selbst gesetzten Ziele sind schwammig und dürftig: die Senkung des durchschnittlichen CO2-Ausstoßes der Neuwagenflotte bis 2012 um »bis zu« 20 Prozent. 2007 lag dieser bei 287 Gramm CO2 pro Kilometer (2002: 274,4 Gramm) – das bis 2015 gestreckte Ziel der EU-Kommission lautet 120 g/km. Den Porsche-Plan, den Anteil von Leichtbaumaterialien erhöhen zu wollen, bezeichnen die Autoren als unzureichend. Und der Einsatz von Hybrid-Motoren ist nur Blendwerk – bei hohen Geschwindigkeiten steigt der Spritverbrauch der überdimensionierten Motoren rasant an.

Porsche profitiert zudem wie kaum ein anderer Hersteller von staatlichen Subventionen für Firmenwagen. Der Cayenne-Turbo (358 Gramm CO2 pro Kilometer) wäre ohne die Steuerbegünstigung von 9384 Euro pro Jahr ein Ladenhüter. Der zwei Tonnen schwere Geländewagen wird hauptsächlich an Geschäftskunden verkauft.

Die Autoren fordern Porsche auf, seine »technologischen Möglichkeiten und kreativen Kräfte« zu nutzen, um leichtere und sparsamere Fahrzeuge mit kleineren Motoren zu bauen. Technisch wäre dies kein Problem, wie das Beispiel der extrem verbrauchsarmen, teilweise mit Batterieantrieb ausgestatteten Sportwagen von Tesla und Loremo zeigen. Außerdem sollte es ökologische Ausgleichszahlungen an Umwelt- und Sozialprojekte im Süden geben. Die Konsum-Elite könne sich dies leisten und ließe sich durch einen versprochenen Imagegewinn ködern. Co-Autor Gerd Hofielen von der Consultingfirma MORE wünscht Porsche eine »Kultur-Revolution von innen – bevor ein Schicksal wie das der Autoproduzenten in den USA droht, die ebenfalls eine glorreiche Vergangenheit haben«.


Zahlen & Fakten

Wer von Porsche spricht, muss seit einiger Zeit etwas genauer sagen, was oder wen er eigentlich meint. Die Porsche Automobil Holding SE, eine Aktiengesellschaft europäischen Rechts, wurde im November 2007 gegründet. Sie besteht aus dem Sportwagenbauer Porsche, der Finanzierungsgesellschaft Porsche Holding Finance in der Steueroase Dublin und der Beteiligung an Volkswagen (derzeit rund 51 Prozent). Die Bilanz für das Geschäftsjahr 2007/08 (bis 31. Juli) weist eine extreme Seltenheit auf: Der Jahresüberschuss vor Steuern (8,6 Milliarden Euro) übertraf den Gesamt-umsatz (7,5 Milliarden). Hauptgrund dafür waren die hohen Spekulationsgewinne mit VW-Aktien. Die Zahl der Beschäftigten betrug rund 12 000.

Der Sportwagenhersteller Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG mit Sitz in Stuttgart-Zuffenhausen, eine 100-Prozent-Tochter der Porsche Holding, bietet derzeit vier Typen an: Boxster, Cayenne, Cayman und 911; 2009 soll der Viertürer Panamera an den Start gehen. Im abgelaufenen Geschäftsjahr wurden rund 99 000 Neufahrzeuge verkauft, zum größten Teil im Ausland. Fast die Hälfte des Absatzes steuerte der Cayenne bei – ein sogenanntes Sport Utility Vehicle.

Alleiniges Sagen in der Porsche Holding und damit beim Sportwagenbauer hat der Familienclan Porsche-Piëch. Er hält über fünf Beteiligungsgesellschaften die Hälfte der Anteile an der Holding und sämtliche Stimmrechte. In Streubesitz befinden sich nur stimmrechtslose Vorzugsaktien. Als einflussreichstes Familienmitglied galt lange Zeit Ferdinand Piëch, der sich nicht nur für die Vermehrung seines Vermögens interessiert, sondern seit 1993 als Vorstands- und später als Aufsichtsratschef der Volkswagen AG auch die Geschäftspolitik des Autoherstellers lenkt. Im Zuge der Aufstockung der Holding-Anteile an VW haben sich in der Familie die Machtverhältnisse verschoben. Als Nummer 1 gilt nun der alte und wohl auch neue Holding-Aufsichtsratschef Wolfgang Porsche. ND

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