nd-aktuell.de / 07.02.2009 / Wissen / Seite 21

Reprogrammieren ohne Krebsgen

Werden Körperzellen bald ohne eingeschleuste Gene zu Stammzellen?

Münster (dpa/ND). Deutsche Forscher haben einen möglichen Meilenstein auf dem Weg zu einer Stammzelltherapie erreicht: Erstmals ist es den Wissenschaftlern aus Münster gelungen, Körperzellen mit nur einem eingeschleusten Gen in eine Art embryonale Stammzellen – sogenannte induzierte pluripotente Stammzellen (ipS) – zurückzuverwandeln. Die Gruppe um Prof. Hans Schöler vom Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin konnte dabei auf die Einschleusung bisher meist benötigter Krebsgene verzichten, wie sie im US-Fachblatt »Cell« (Bd. 136, S. 411) berichtet. Anfangs mussten Forscher zur Gewinnung von ipS-Zellen noch vier Erbanlagen einschleusen, die Gene Oct4, c-Myc, Klf4 und Sox2. Klf4 und c-Myc fördern jedoch die Tumorentstehung, wenn sie künstlich in die Zelle gebracht werden. Deshalb suchten Wissenschaftler nach Wegen, Körperzellen ohne diese riskanten Gene zu reprogrammieren.

Bei Nervenstammzellen der Mäuse beobachteten die Forscher, dass die Gene c-Myc, Klf4 und Sox2 darin bereits von sich aus aktiv waren, so dass die Einschleusung von Oct4 und drei bis vier Wochen Geduld genügten, um aus den Nervenstammzellen embryoähnliche ipS-Zellen zu erhalten, die sich im Labor zu Geweben aller drei Keimblätter züchten ließen. Oct4 ist somit der zentrale Schalter, um die Lebensuhr einer Zelle zurückzudrehen.

Obwohl die Gene c-Myc und Klf4 in den Zellen von sich aus aktiv sind, bedeutet das kein erhöhtes Tumorrisiko, betonte Schöler: »Die Gene der Zelle werden richtig reguliert. Probleme gibt es erst, wenn Sie Gene zusätzlich in die Zellen einbringen und die dann dort aktiv sind, obwohl ihre natürlichen Versionen eigentlich abgeschaltet sind.« Ziel ist es dennoch, eine Rückprogrammierung ganz ohne zusätzliche Gene zu erreichen.

Deshalb suchen die Forscher einen Weg, ganz auf das Einschleusen von Genen zu verzichten. Schöler ist da optimistisch. Eine Möglichkeit könnte sein, das zelleigene Oct4 mit sogenannten Small Molecules, kleinen bioaktiven Substanzen, zu aktivieren.