Werbung

Der Sündenbock

  • Ingolf Bossenz
  • Lesedauer: 1 Min.

Offenbar ist die Suche nach Sündenböcken doch nicht die einfachste von allen Jagdarten, wie Eisenhower meinte. Immerhin brauchte der Vatikan fast zwei Wochen, um der Öffentlichkeit den Mann zu servieren, der den Skandal um die Heimholung eines Holocaust-Leugners in den Schoß der heiligen Mutter Kirche maßgeblich verschuldet haben soll: Kardinal Darío Castrillón Hoyos, Vorsitzender der Kommission zur Reintegration der abtrünnigen Priesterbruderschaft St. Pius X. Wenn jemand von den Äußerungen des britischen Bischofs Richard Williamson »hätte wissen müssen«, dann sei das der kolumbianische Kurienkardinal gewesen, verkündete Vatikansprecher Federico Lombardi. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, warf Castrillón Hoyos gar vor, er habe »den Papst leichtfertig ins Messer laufen lassen«. Benedikt XVI. als Opfer der Inkompetenz eines Subalternen? Ungeachtet aller Kommunikationsdefizite im konkreten Fall sollte nicht vergessen werden, dass es Joseph Ratzinger ist, der die möglichst schnelle Wiedereingliederung der reaktionären Renegaten zu seiner Herzensangelegenheit erklärte. Dafür gab er sogar der lateinischen Messe sein Plazet. Und als langjährigem Chefinquisitor dürfte ihm die Geistesverfassung der Traditionalistentruppe kein Buch mit sieben Siegeln sein.

Wenigstens muss der Sündenbock Castrillón Hoyos nicht in die Wüste gejagt werden. Der 79-Jährige wird ohnehin demnächst pensioniert.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal