Heiße Mischung in Australien

Klimawandel und Brandstiftung forderte mehr als 180 Todesopfer

  • Michael Lenz
  • Lesedauer: 3 Min.
181 Menschen und schätzungsweise mehr als eine Million Tiere haben in den schwersten Buschbränden der australischen Geschichte ihr Leben verloren, ganze Ortschaften wurden ausgelöscht.

Noch lodern an mehr als 20 Brandherden im Bundesstaat Victoria Feuer, da werden Fragen nach den Ursachen des Infernos laut. Soviel ist schon klar: Einige Feuer wurden vorsätzlich von Brandstiftern gelegt; andere sind durch Unachtsamkeiten wie eine weggeworfene Zigarettenkippe entfacht worden. Victorias Premierminister John Brumby hat noch einen weiteren Verdächtigen ausgemacht: den Klimawandel.

Nicht nur die extreme Hitzewelle mit Temperaturen bis zu 45 Grad in Melbourne und Adelaide in den ersten Wochen dieses Jahres lässt diese Vermutung des Politikers zu, sondern auch wissenschaftliche Fakten. Zunächst aber ist zu betonen, dass Waldbrände seit Jahrtausenden ein fester Teil der australischen Natur sind. Sie sind so normal, dass sich die australische Flora und Fauna an das Leben mit dem Feuer angepasst haben. Die Eukalypten zum Beispiel gehören zu jenen Pflanzen, die für ihre Reproduktion gar ein ordentliches Feuer benötigen.

Australische Wissenschaftler warnen aber, in den kommenden Jahrzehnten werde besonders der Süden des trockensten Kontinents in Folge des weltweiten Klimawandels immer heißer. Das wiederum erhöhe die Waldbrandgefahr dramatisch. Die Experten stützen ihre Prognose auf eine im Januar von einem internationalen Wissenschaftlerkonsortium aus elf Ländern im Fachjournal »Nature Geoscience« veröffentlichte neue Klimakarte der Erdoberfläche während der letzten Eiszeit.

Tim Burrows von der »Research School of Earth Sciences« an der Australian National University in Canberra, der in dem Konsortium für die australische Forschung zuständig war, betont: »Eines unserer wichtigsten Resultate war, dass die mittleren Breiten unseres Kontinents sehr sensibel auf Klimaveränderungen reagieren … Die gemäßigten Breiten verändern sich am stärksten und die tropischen am wenigsten.«

In Melbourne, Adelaide und vor allem in Australiens Hauptstadt Canberra, die durch ihre Lage im Landesinneren keine Kühlung durch Seewinde erfährt, wird es also immer heißer werden. Eine Temperatursteigerung von zwei Grad werde die Zahl der Tage mit Temperaturen von über 35 Grad verdreifachen. Experten des Forschungsverbundes CSIRO gehen davon aus, dass der Süden Australiens das erste Grad des gefährlichen Temperaturanstiegs bereits innerhalb der nächsten 20 Jahre erreichen wird.

Was das für die Buschfeuer bedeutet, weiß Gary Morgan vom Bushfire Cooperative Research Centre (CRC) in Melbourne, der nur kurz vor den aktuellen Bränden sagte: »Wir brauchen nur auf die Waldbrände der letzten Jahre zu schauen, um zu begreifen, dass der Klimawandel Häufigkeit, Intensität und Größe von Waldbränden in den kommenden Jahrzehnten anwachsen lässt.« Die Buschfeuer ihrerseits tragen maßgeblich zum CO2-Ausstoß Australiens bei. Ein schweres Buschfeuer, so das CRC, setze bis zu 30 Millionen Tonnen CO2 frei, und in einem »schlimmen« Waldbrandjahr würden diese Emissionen die der Industrie übertreffen.

Die Wissenschaftler ziehen daraus zwei Konsequenzen: Eine radikale Klimaschutzpolitik ist notwendig, und die Kohlenstoffemissionen der Waldbrände müssen in ein Post-Kyoto-Klimabkommen einbezogen werden. Wissenschaftler und Umweltschützer in Australien sind enttäuscht über die halbherzige Klimapolitik von Australiens Ministerpräsident Kevin Rudd. Don Henry, Präsident der Umweltorganisation »Australian Conservation Foundation«, warnt: »Wenn die bescheidene Zielgröße der australischen Regierung zur Reduzierung der Kohlenstoffemission zwischen fünf und fünfzehn Prozent bis 2020 international übernommen wird, dann werden wir mehr Hitzewellen erleben, die Produktivität des Murray-Darling-Bassin (Australiens wichtigster Agrarregion – M. L.) wird austrocknen, und in den Australischen Alpen wird es keinen Schnee mehr geben.«

Abb.: Ein einsames Feuerwehrfahrzeug inmitten der Flammen – die Buschbrände in Australiens Südprovinz Victoria sind noch immer nicht überall unter Kontrolle. Weiter nördlich dagegen brachte der Sommer die schlimmsten Regenfälle seit langem. Vielleicht auch eine Folge der Klimaerwärmung.

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