nd-aktuell.de / 19.02.2009 / Sport / Seite 15

Warmer Empfang

Jirka Grahl, Liberec
Neben der Spur: Warmer Empfang

Es schneit und schneit und schneit. Seit drei Tagen wirbeln durch Liberec dicke Flocken. An den Straßenrändern ist der Schnee meterhoch zusammengeschoben, so dass das Attribut nordisch auf diese Ski-WM wirklich zutrifft. Nachts sind es minus 12 Grad. Wurden bei den WM-Tests noch Lastwagenladungen von splittdurchsetztem Schnee aus höheren Regionen herangekarrt, muss man jetzt zusehen, wie man gegen die weißen Massen ankommt.

Manchem Liberecer ist der viele Schnee schon unheimlich: »Es ist ja ein Wahnsinn«, schnauft Frau Cervanova, als sie vor ihrem Haus im achten Bezirk Schnee schiebt, schon zum zweiten Mal an diesem Tag. »Normalerweise gibt es hier im Februar fast keinen Schnee mehr.« Nun muss die Pensionärin gleich mehrmals täglich ihre Zufahrt freischaufeln, für die Gäste, die während der WM eine Ferienwohnung bei ihr gemietet haben – so wie auch ich.

Fast fühle sie sich bei der weißen Pracht an Bayern erinnert, sagt Frau Cervanova. 16 Jahre habe sie dort als Krankenschwester gearbeitet. Gern wäre sie geblieben, doch ihre Rente reiche nur für Liberec, nicht für einen Luftkurort in Oberbayern.

Am Montagabend hat sie mir davon erzählt, als ich nach einigem Suchen schließlich zu ihr in die Strakonickastraße gefunden hatte. Zuvor war ihr Nachbar so freundlich gewesen, mich und mein festgefahrenes Auto die letzten Meter durch den Schnee zu schieben. Nachdem ich meine Ferienwohnung bezogen hatte, fragte mich Frau Cervanova: »Megen Sie behmische Knedel?« Als ich nickte, war ich schon zum Abendessen eingeladen: Gulasch mit Knedlicky und ein Pilsener Bier. Ein warmer Empfang im kalten Liberec. Für mich kann die WM beginnen.