Mit Traktoren nach Berlin

Anti-Atom-Bewegung plant im Wahljahr zahlreiche Aktionen

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 3 Min.

Nach den Massenprotesten gegen den Castortransport im November und der »Umzingelung« der Wintertagung des Deutschen Atomforums Anfang Februar in Berlin rüstet sich die Anti-Atom-Bewegung für neue Proteste. Höhepunkt soll eine bundesweite Demonstration am 5. September werden. Damit wollen sich die Anti-Atom-Initiativen in der Endphase des Bundestagswahlkampfes Gehör verschaffen und ihrer Forderung nach Abschaltung aller Atomkraftwerke Nachdruck verleihen.

Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass die Atom- und Energiepolitik im Wahlkampf ein zentrales Thema sein wird. Es geht um längere Laufzeiten für die deutschen Atomkraftwerke und womöglich sogar um den Neubau. Zumindest vorentschieden wird auch, wo das Endlager für hochradioaktiven Müll gebaut wird. Die Union und FDP sind im Verein mit den Energiekonzernen bekanntlich für längere AKW-Laufzeiten und eine rasche Wiederaufnahme der Erkundungsarbeiten in Gorleben. SPD, Grüne und LINKE wollen an den im Jahr 2000 vereinbarten Laufzeitbegrenzungen festhalten und neben Gorleben auch andere Orte auf ihre Eignung als mögliches Endlager untersuchen lassen.

»Seit zehn Jahren wird der Atomausstieg versprochen, aber nicht umgesetzt«, sagt Jochen Stay, Sprecher der bundesweiten Anti-Atom-Initiative »ausgestrahlt«. »Jetzt ist sogar von Laufzeitverlängerungen die Rede. Egal, wie die Wahl im September ausgeht: Die nächste Bundesregierung muss mit der wiedererwachten Anti-Atom-Bewegung rechnen.«

Jeden Monat mindestens eine Aktion
Der Startschuss für die Großdemo in Berlin fällt bereits am 29. August im Wendland. Von dort wollen sich die Landwirte der atomkritischen Bäuerlichen Notgemeinschaft mit ihren Traktoren in Richtung Hauptstadt aufmachen. Der Treck nach Berlin soll auch an einen Höhepunkt des Protests gegen die Atomanlagen in Gorleben vor 30 Jahren erinnern, sagt der Sprecher der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, Wolfgang Ehmke. Im März 1979 waren hunderte Landwirte mit ihren Schleppern nach Hannover gefahren und dort von rund 100 000 Demonstranten begeistert empfangen worden. Der damalige niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht (CDU) erklärte daraufhin die geplante atomare Wiederaufarbeitungsanlage in Gorleben für nicht durchsetzbar.

Bis Ende August wollen die Initiativen indes nicht stillhalten, die Anti-Atom-Proteste beginnen schon nächste Woche. Am Abend des 26. Februar ist im südöstlichen Niedersachsen eine große Aktion geplant. Mit einer 52 Kilometer langen Lichterkette von Braunschweig zum Schacht Konrad und zum Bergwerk Asse wollen Tausende gegen die Atommülllagerung in ihrer Region und gegen Atomkraft demonstrieren. In der ersten Märzwoche planen Bürgerinitiativen und Umweltgruppen Aktionen gegen die Beteiligung des Energiekonzerns RWE am bulgarischen AKW-Projekt Belene. Das Kraftwerk soll mitten in einem Erdbebengebiet errichtet werden. Für das Wochenende am 25. und 26. April, an dem sich die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl zum 23. Mal jährt, haben Anti-AKW-Gruppen zudem Demonstrationen an den AKW-Standorten Krümmel und Neckarwestheim sowie in der Stadt Münster geplant. Im Juni soll es eine weitere Demonstration in Neckarwestheim geben.
www.ausgestrahlt.de

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