Über »Bombay« nach Herne

Glück und Strategie: Die Brettspieler suchen ihre Meister

  • Lesedauer: 3 Min.
In Leipzig sind noch Plätze frei. Wer in letzter Minute ein Ticket für das Finale der diesjährigen Deutschen Mannschaftsmeisterschaft im Brettspiel, kurz DMMB 2009, ergattern möchte, sollte fünf Gleichgesinnte zusammentrommeln und am heutigen Sonnabend in der Ludothek Leipzig pünktlich um 10 Uhr auf der Matte stehen. Aktuell versuchen sich 221 Teams in regionalen Vorausscheidungen an 15 Spielorten zu qualifizieren. In der Endrunde am 23. Mai in Herne kämpfen dann 36 Mannschaften um den Titel. ND-Autor RENÉ GRALLA erfährt weitere Einzelheiten vom Organisationschef der Meisterschaften PETER JANSHOFF.
Der 55jährige Peter Janshoff ist Leiter des Spielezentrums Herne.
Der 55jährige Peter Janshoff ist Leiter des Spielezentrums Herne.

ND: Beim Stichwort »Brettspiel« denken wir automatisch an Klassiker wie Dame, Mühle, Halma, Backgammon, Go und Schach, ja, vielleicht sogar auch an »Mensch ärgere Dich nicht«. Aber die genannten Spiele werden von Ihnen gar nicht berücksichtigt. Warum?
Janshoff: Der Wettbewerb ist nun mal eine Mannschaftsmeisterschaft. Ein Team besteht aus maximal sechs Personen, vier Spielerinnen und Spieler plus zwei Ersatzleute. Angetreten wird aus diesem Grund ausschließlich in Spielen für vier Personen, während die von Ihnen genannten Beispiele auf zwei Personen zugeschnitten sind. Mit Ausnahme von »Mensch ärgere Dich nicht« – und das hätte durchaus eine Chance zumindest bei der Vorausscheidung, sofern sich die Mannschaften dafür entscheiden.

Für das Finale sind ausschließlich Neuerscheinungen nominiert. Siehe das gerade auf den Markt gebrachte »Bombay«.
Das ist so gewollt. Diese neuen Spiele schaffen eine relative Chancengleichheit, alle Mannschaften haben die gleiche Zeit, sich darauf einzustellen.

Sind Sie demnach eine Werbeveranstaltung der Spieleindustrie?
Nein. Die vier Spiele der regionalen Vorausscheidungen werden von den Teilnehmern per Abstimmung festgelegt. Die vier Finalspiele sucht unser Organisationsteam vom Spielezentrum Herne aus.

Die Meisterschaft ist auch deswegen keine Promotionaktion, weil es für die Verlage durchaus riskant sein kann, ihre Produkte dem Härtetest eines Turniers zu unterziehen. Dabei stellen sich nämlich Schwächen und Stärken sehr schnell heraus, und es können Probleme deutlich werden, die bei einer normalen Nutzung nie hervorgetreten wären. Das spricht sich in der Szene schnell herum.

Die Spiele während der Meisterschaft ähneln sich sehr. Meist muss irgend etwas gebaut werden – »Bombay«, »Palast von Eschnapur«, »Säulen der Erde«, »Bürger, Baumeister & Co.« –, oder die Kandidaten simulieren Wirtschaftsabläufe, das gilt für »Eine Frage der Ähre«. Eine recht einseitige Auswahl ...

... bestimmte Themen sind nun mal momentan angesagt.
Es fällt auf, dass gerade die Spiele im DMMB-Finale immer wieder auch den Faktor Glück einbauen, durch Würfel oder den Einsatz von Ereigniskarten. Muss das wirklich sein?

Eine Deutsche Meisterschaft ausschließlich im strategischen Spiel, diesen Anspruch erheben wir ja gar nicht. Außerdem würden wir dann die Vielfalt, die Gesellschaftsspiele insgesamt bieten, nicht berücksichtigen. Und wir würden viele Familien, Gelegenheitsspieler und Neulinge verschrecken. Neben Strategie gehört zum Spiel auch das Glück, nicht jeder möchte bloß strategisch spielen. Schließlich geht es in erster Linie um Spaß und gemeinsames Erleben.

Trotzdem: Bei den meisten Spielen gewinnt am Ende der Glückliche. Welchen Wert hat also diese deutsche »Meisterschaft« ?
Entscheidend ist, dass sich Menschen treffen, die ein gemeinsames Hobby ausüben. Kinder treten gegen Jugendliche und Erwachsene an, es kommt zu einem generationsübergreifenden Kräftemessen. Bei dem Freundschaften entstehen, die auch nach dem Turnier weiter gepflegt werden.

www.spielezentrum.de

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