Ausweichen und Zusammenprallen
Zur Seele: Erkundung mit Schmidbauer
Ein schmaler Bürgersteig. Zwei Passanten gehen in raschem Tempo aufeinander zu, weichen einander ein Mal aus, weichen einander ein zweites Mal aus – und stoßen zusammen. Jeder hat das Ausweichmanöver seines Gegenübers kopiert.
Der Zusammenprall ist selten heftig, meist lässt er sich im letzten Moment doch noch vermeiden; je nach Temperament lächeln sich die beiden Fremden an, entschuldigen sich oder gleiten wortlos aneinander vorbei, schließlich hat es jeder eilig. Manchmal meint der Beobachter etwas wie gekränkte Eitelkeit wahrzunehmen, dass man selbst überrreagiert hat, von unterdrückter Aggression, dass der Andere das eigene höfliche Verhalten spiegelnd durchkreuzte.
Diese harmlose Szene hat einige interessante Aspekte, soziale wie psychologische. Zum ersten zeigt sie, dass wir in einer zivilen und individualisierten Gesellschaft leben. Überall, wo traditionelle Hierarchien soziale Begegnungen prägen, ist auch klar, wer seinen W...
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