Und am Abend erzählt Rashid Geschichten

Urlaub in Syrien – zwischen Tausend-und-einer-Nacht und lebendig gewordener Bibelgeschichte

  • Rainer Heubeck
  • Lesedauer: 4 Min.

Die älteste durchgehend bewohnte Hauptstadt der Welt soll Damaskus sein, versichert Ahmed Khaddour. Ob es stimmt? Zumindest gilt als sicher, dass die Oasenstadt am Fuße des Antilibanongebirges rund 10 000 Jahre menschliche Siedlungsgeschichte vorweisen kann. Andere Behauptungen der Damaszener sind schwieriger nachzuprüfen – etwa, dass der Prophet Abraham in der Stadt geboren sei und dass Kain seinen Bruder Abel auf dem Hausberg der Stadt, dem Qassyunberg, erschlagen haben soll. Eine weitere Verbindung zur Bibel: Die Überreste der Kopfknochen von Johannes dem Täufer befinden sich angeblich in einem Schrein in der Damaszener Omayyadenmoschee – und werden dort von Christen wie von Muslimen gleichermaßen verehrt.

Die Omayyadenmoschee bündelt wie ein Brennglas die Geschichte der Stadt und der Region. In der aramäischen Zeit befand sich an der Stelle der heutigen Moschee ein aramäischer Tempel. Die Römer huldigten später am gleichen Ort ihrem Gott Jupiter – und in der byzantinischen Ära erbaute man hier eine Kirche zu Ehren Johannes des Täufers. Dann wurde Damaskus muslimisch und Kalif al-Walid bin Abd al-Malik errichtete an der gleichen Stelle schließlich eine Moschee. »Er wollte die prachtvollste Moschee der gesamten islamischen Welt bauen«, berichtet Ahmed Khaddour, ein Syrer, der früher als Ingenieur gearbeitet hat, aber mittlerweile als Fremdenführer tätig ist.

Nach so viel Geschichte wird es Zeit für eine Pause im Kaffeehaus Al-Noufara, wo der Besucher bei einer Wasserpfeife mit Apfelaroma das Treiben auf der Gasse beobachten kann. Abends lauschen die Gäste des Cafés gespannt den Erzählungen von Rashid al Hallak, einem der letzten hauptberuflichen Geschichtenerzähler des Landes. Er entführt seine Zuhörer in eine Welt aus Tausend-und-eine-Nacht. Ihn reden zu hören, ist ein Genuss, selbst wenn man des Arabischen nicht mächtig ist.

Die beeindruckendsten Ruinen Syriens finden sich in Palmyra, 240 Kilometer nordöstlich von Damaskus. Hier wurde vor rund 2000 Jahren ein gewaltiger Tempel erbaut, der eine Außenmauer mit einem Umfang von 200 mal 300 Metern hatte. Die Reste dieses Baal-Tempels sowie die Überbleibsel des von den Römern angelegten Amphitheaters und der Kolonnadenstraße lassen kaum einen Besucher kalt. Die gut erhaltenen, aber auch zum Teil wieder aufgebauten Triumphbögen, Säulenstraßen, Tempel, Turmgräber und das Theater beeindrucken nicht allein durch die Baukunst aus solche, sondern auch durch den Kontrast zwischen der zivilisatorischen Meisterleistung und der unwirtlichen Wüste ringsum. Und natürlich hat auch Palmyra, die palmenreiche Oase auf halbem Weg zwischen Euphrat und Mittelmeer, viele Geschichten zu erzählen. Etwa von der Königin Zenobia, einer intelligenten und gleichzeitig wunderschönen Frau, die es schaffte, ein gewaltiges Reich aufzubauen und sich dabei sogar mit dem mächtigen Rom anlegte. Als sie schließlich für sich und ihren Sohn auch noch die Kaiserwürde beanspruchte, war das eine Provokation, der Kaiser Aurelian nicht länger tatenlos zusehen konnte. Im Frühjahr 272 lies er Zenobia gefangen nehmen und verschleppte sie nach Rom. »Man erzählt, dass Zenobias Hände mit goldenen Ketten gefesselt waren, als sie durch die Straßen Roms geführt wurde – und dass ihr kurz darauf der Kopf abgeschlagen wurde«, berichtet Ahmed Khaddour. Doch diese Schilderung ihres Todes ist natürlich nur eine Version der Geschichte. Niemand weiß was Genaues.

  • Infos: Botschaft der Arabischen Republik Syrien, Rauchstraße 25, 10787 Berlin, Tel. (030)50 17 70, Fax -7311. E-Mail: info@syrianembassy.de, Internet www.syrianembassy.de
  • Für die Einreise nach Syrien ist ein Visum erforderlich, das gegen eine Gebühr von 40 Euro von der Botschaft ausgestellt wird. Der Antrag sollte drei Wochen vor Reisebeginn bei der Botschaft eingehen.
  • Reisepässe müssen bei der Einreise mindestens sechs Monate gültig sein.
  • Beste Reisezeit Frühsommer und Herbst.
  • Geld: Landeswährung ist das Syrische Pfund (SP). Bargeldmitnahme am besten in Dollar und Euro. Autovermieter und die großen Hotels akzeptieren Kreditkarten.
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