Kampf um Haiders Erbe

Kärnten und Salzburg wählen am Sonntag neue Landtage

  • Samuel Stuhlpfarrer, Graz
  • Lesedauer: 3 Min.
Am Sonntag wählen zwei österreichische Bundesländer neue Landtage. Während in Salzburg das Rennen zugunsten der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) gelaufen zu sein scheint, verspricht die Wahl in Kärnten spannend zu werden. Geht es doch darum, wen das Wahlvolk zum legitimen Erben Jörg Haiders, des im Oktober 2008 in den Tod gerasten Landeshauptmanns, macht.

Geht es nach den Einschätzungen der Demoskopen, so wählt Kärnten mehrheitlich eine Partei, das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ), deren Liste den Namen eines Toten trägt – den von Jörg Haider.

Doch nicht nur die Listenbezeichnung erinnert an den früheren Landeshauptmann. Erst Ende Januar lud Haiders Amtserbe Gerhard Dörfler (BZÖ) zur feierlichen Umbenennung einer Brücke in »Jörg Haider Brücke«. Auch der Landhauspark im Klagenfurter Stadtzentrum soll demnächst den Namen des verstorbenen Rechts-außen tragen, und an der Unfallstelle in Lambichl ist eine Art Haider-Gedenkstätte geplant. Kostenpunkt: 30 000 bis 200 000 Euro. Genau will das niemand sagen, immerhin ist Wahlkampf.

»Die den Kulturschaffenden Pietätlosigkeit vorwerfen, kennen bei der Inszenierung des Haider-Kults selbst keine Pietät«, konstatiert Emil Krištof vom Kulturzentrum UNIKUM an der Universität Klagenfurt. Krištof ist einer der Sprecher von »Kärnten umdrehen – Obrnimo Koroško«, einer Initiative von Kulturschaffenden und Intellektuellen, die seit Wochen mit einer eigenen Kampagne in den Wahlkampf einzugreifen sucht. Landauf, landab plakatiert man die auf den Kopf gestellten Umrisse Kärntens, aus denen orange Farbe tropft. Die Botschaft: Das BZÖ, dessen Parteifarbe Orange ist, möge seinen das ganze Land überziehenden Einfluss bei den kommenden Wahlen einbüßen.

Ganz so wird es wohl nicht kommen, aber immerhin, der erste Platz ist dem BZÖ nicht mehr sicher. Bei der Landtagswahl 2004 erreichte die damalige Haider-Partei FPÖ mehr als 42 Prozent. Ein Wert, den die von Haider initiierte FPÖ-Abspaltung BZÖ diesmal kaum erreichen wird. Letzte Umfragen sehen sie bei etwa 35 Prozent, dicht gefolgt von den Sozialdemokraten. Den Rest dürften sich laut Umfragen die christdemokratische Volkspartei (ÖVP) mit 12 , die FPÖ mit 11 und die Grünen mit 7 Prozent teilen.

Doch selbst wenn das BZÖ den ersten Platz einbüßen sollte, ein Politikwechsel wird sich in Kärnten so schnell nicht einstellen. Denn das rechts-rechtsextreme Lager darf aller Voraussicht nach auch nach dem 1. März mit einer satten Mehrheit im Landtag rechnen. Dessen ist sich auch Gudrun Blohberger bewusst, die das Museum des antifaschistischen Widerstands in Kärnten betreut. Sie schätzt, dass »der Weg zu einem weltoffeneren Kärnten nach der Wahl nicht weniger weit sein wird«.

So gewiss wie in Kärnten die Politik der kommenden Jahre scheint in Salzburg der Wahlausgang zu sein. Dort dürfte der bisherigen Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ) der Sieg nicht zu nehmen sein. Umfragen prophezeien ihr einen sicheren Vorsprung von 4 Prozentpunkten vor Herausforderer Wilfried Haslauer (ÖVP). Die hinteren Ränge werden sich FPÖ und Grüne teilen, während das BZÖ um den Einzug in den Landtag zittern muss.

Fast bis zuletzt wollte sich Frau Burgstaller nicht dezidiert gegen eine Koalition mit der rechtsextremen FPÖ aussprechen. Erst als bekannt wurde, dass im Zuge einer FPÖ-Wahlveranstaltung Heil-Hitler-Rufe durch den Saal geklungen waren, rückte sie von ihrer Position ab. Da bedurfte es des Umstands gar nicht mehr, dass am Politischen Aschermittwoch der FPÖ in Ried im Innkreis der Chef des belgischen Vlaams Belang den »lieben deutschen Österreichern« offenbarte, er sei »stolz ein Extremist zu sein«.

Und die Linke? »Schaut schlecht aus«, sagt der Klagenfurter Emil Krištof. Weder in Kärnten noch in Salzburg kandidieren linke Listen mit realistischen Chancen auf den Einzug ins Landesparlament. Bei Wahlen beginnt die Linke hierzulande eben bei SPÖ und Grünen.

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