Tausende Fackeln gegen Atomkraft

52 Kilometer lange Lichterkette verbindet Atommülllager Asse und Konrad

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 3 Min.
Erschöpft, aber zufrieden zogen die Organisatoren der Lichterkette gegen Atomkraft, an der sich mehr als 15 000 Menschen am Donnerstagabend beteiligt hatten, Bilanz.

Die Lichterkette ist 52 Kilometer lang und um 19 Uhr komplett geschlossen. Sie führt von Braunschweig über die Dörfer am Höhenzug Asse bis hin zum geplanten Endlager Schacht Konrad in Salzgitter. Überall am Straßenrand stehen Menschen mit Fackeln, Grubenlichtern, Laternen und Taschenlampen. Hier und da brennen auch Feuertonnen. In einigen Orten trommeln Sambagruppen, Anwohner versorgen Protestierende mit Tee und belegten Broten.

Bei Fümmelse beteiligen sich einige Dutzend Landwirte mit ihren Traktoren am Protest, andere atomkritische Bauern haben sich am Schacht Konrad versammelt. Einer von ihnen, Walter Traube, hat Jahre gegen Konrad geklagt. Eine Beschwerde gegen den Genehmigungsbescheid für das Endlager ist noch beim Bundesverfassungsgericht anhängig. Trotzdem hat die Umrüstung der Ex-Eisenerzgrube zur Lagerstätte für radioaktiven Müll längst begonnen.

Dagegen wenden sich auch die Metallgewerkschafter, die bei Volkswagen in Salzgitter Position bezogen haben. Die Metaller stehen schon seit Jahren im Widerstand gegen Schacht Konrad. Sie starteten eine Spendenkampagne, um Klagen gegen das Endlager abzusichern. Während eines Aktionstages legten Tausende sogar die Arbeit nieder. Die IG Metall hält die Inbetriebnahme von Schacht Konrad in der Industrieregion für unverantwortlich: »Ein atomares Endlager in direkter Nähe eines Produktionsbetriebes birgt die Gefahr, dass notwendige Investitionen nicht mehr getätigt werden.«

»Wir haben gezeigt, dass wir nicht bereit sind, den Umgang mit Atommüll so hinzunehmen«, bilanziert Anti-Atom-Veteran Peter Dickel, einer der Mitorganisatoren der Lichterkette. »Wir wollten mit der Aktion mehr Licht ins Dunkel der Atommülllagerung bringen.« Viele seien zum ersten Mal bei einer Demonstration gewesen.

Bevor Fackeln und Laternen angezündet wurden, trafen sich viele Demonstranten zu Kundgebungen. »Die Asse zeigt die ganze Hybris, mit der die Nutzung der Atomkraft angegangen wurde«, so Niedersachsens Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel in Braunschweig. Obwohl dort weniger als 0,1 Prozent des in deutschen Atomkraftwerken produzierten Mülls liege, seien Wissenschaft und Politik »heillos überfordert«. »In der Asse wurde Recht und Gesetz gebrochen«, erklärt Wenzel unter Beifall. Gesundheit und Leben von Beschäftigten und Anwohnern seien gefährdet worden, eine Verseuchung des Trinkwassers könne nicht mehr ausgeschlossen werden. Neben Wenzel steht der frühere Asse-Mitarbeiter Eckbert Duranowitsch. Er ist an Leukämie erkrankt und führt dies auf seine Tätigkeit im Bergwerk zurück. Mindestens zwei weitere bekamen Krebs, einer ist bereits gestorben.

»Die Asse ist das Synonym für das Risiko atomarer Endlagerung«, urteilt die umweltpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Sylvia Kotting-Uhl. Bei der Finanzierung der Schließung dürften sich die Stromkonzerne »nicht aus der Verantwortung stehlen«. »Die Pannen im Atommüll-Lager Asse wurden immer wieder vertuscht«, erklärt die Bundestagsabgeordnete der LINKEN, Dorothee Menzner. »Jetzt kommt eine nach der anderen an die Öffentlichkeit. Aber wir wissen immer noch viel zu wenig.«

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