Rückabwicklung des Schaeffler-Conti-Deals?

Offenbar planen Gläubigerbanken Übernahme der Kontrolle beim fränkischen Familienunternehmen

  • Andreas Hoenig und Stephan Maurer
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Zukunft von Schaeffler hängt am seidenen Faden. Die Lage des schwer angeschlagenen Autozulieferers, der sich mit der auf Pump finanzierten Übernahme von Continental verhoben hat, ist dramatisch. In der Branche wird damit gerechnet, dass die Banken bald die Kontrolle über die Herzogenauracher Gruppe übernehmen. Darüber hinaus steht nun sogar zur Debatte, die Conti-Übernahme rückgängig zu machen. Damit wäre das Desaster für den fränkischen Familienkonzern vollkommen.

Die »FAZ« berichtete am Montag, die Schaeffler-Kreditgeber erwägten eine Rückabwicklung des Conti-Kaufs und diskutierten darüber, alle Conti-Aktien, die bei Schaeffler liegen, durch die Banken übernehmen zu lassen. Danach müsse eine Kapitalerhöhung bei Continental folgen, die den Anteil in den Händen der Banken möglicherweise wieder unter 50 Prozent drücken würde. Das Familienunternehmen hält derzeit knapp 50 Prozent an Conti, weitere 40 Prozent sind bei Banken geparkt.

Schaeffler hatte die Übernahme damit begründet, die beiden Konzerne ergänzten sich technologisch perfekt. Auch die IG Metall hält den Zusammenschluss aus industriepolitischer Sicht für sinnvoll: Er sei »von systemrelevanter Bedeutung« für die Automobilindustrie, heißt es in dem gemeinsamen Papier, auf das sich Gewerkschaft und Unternehmen kürzlich verständigt hatten.

»Es ist sinnvoll, den Verbund zu erhalten«, bekräftigte der Schaeffler-Betreuer bei der IG Metall, Wolfgang Müller, am Montag. Doch ihm ist auch klar, dass die Banken das anders sehen könnten: »Die haben natürlich ihre kurzfristigen Rendite-Interessen im Blick«, klagt der Gewerkschafter. Wenn die Banken alle Conti-Aktien übernehmen, rücken Insolvenz und Zerschlagung der Schaeffler-Gruppe nach Müllers Einschätzung noch näher. Das Eigenkapital der mit über zehn Milliarden Euro verschuldeten Franken ist aufgezehrt. Georg Schaeffler, dem mittlerweile 80 Prozent des Unternehmens gehören, bezifferte den Kapitalbedarf kürzlich auf bis zu sechs Milliarden Euro. Ein Investor ist nicht in Sicht.

Als realistisch gilt in Branchenkreisen, dass die Gläubigerbanken bei Schaeffler Schulden in Eigenkapital umwandeln, auf diese Weise neue Anteilseigner würden und damit das Sagen in Herzogenaurach hätten. Mehr als fraglich sei, ob der Familie Schaeffler noch eine Sperrminorität von 25 Prozent zugestanden werde. Denn die Gläubigerbanken sind selbst stark unter Druck. Vor allem die Commerzbank steht mit Milliarden im Feuer – die Bank hat selbst Staatshilfen bekommen, der Staat ist dort inzwischen Miteigentümer. Die weitgehend verstaatlichte Royal Bank of Scotland sei »bewegungsunfähig«, es komme bei Schaeffler vor allem auf die Commerzbank an, hieß es in Finanzkreisen.

Bei Continental ist die Stimmung gegenüber Schaeffler auf dem Tiefpunkt. Die Hannoveraner ärgert vor allem, dass Maria-Elisabeth Schaeffler stets von der Schaeffler/Conti-Gruppe spricht. Dabei sei Conti bis dato ein eigenständiger Konzern, der sehr gut ohne Schaeffler überleben könnte, heißt es im Umfeld des Unternehmens.

Schaeffler benötigt zum Überleben nun Milliarden-Staatshilfen. Doch führende Politiker bleiben zurückhaltend. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) macht mögliche Staatshilfen von einem tragfähigen Zukunftskonzept abhängig – dieses liegt bislang nicht vor. dpa

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