Bischofskonferenz über Finanzkrise und Pius-Brüder

Erzbischof Zollitsch fordert Bischof Mixa auf, seine Äußerung zu Abtreibungen und Holocaust klarzustellen

  • Matthias Hoenig
  • Lesedauer: 4 Min.
Die katholischen Bischöfe in Deutschland beraten seit gestern auf ihrer Frühjahrsvollversammlung in Hamburg über die Wirtschaftskrise. Zudem wird erwartet, dass die Bischöfe über den Umgang mit Traditionalisten wie den Pius-Brüdern sprechen.

Unmittelbar vor der Vollversammlung der katholischen Bischöfe haben Äußerungen des Augsburger Bischofs Walter Mixa zum Holocaust und zu Abtreibungen weiter für Irritationen gesorgt. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, bat Mixa am Montag um eine Klarstellung. »Wir werden über diese Frage miteinander sprechen«, kündigte Zollitsch vor der für den Abend geplanten Eröffnung der Frühjahrsvollversammlung an. Es gebe gar keine Möglichkeit, »den Holocaust mit anderen Elementen« zu vergleichen. Mixa hatte laut Medienberichten bei einer CSU-Veranstaltung zum Aschermittwoch einen Zusammenhang zwischen der Zahl der in der NS-Zeit ermordeten Juden und der Zahl der Abtreibungen nahegelegt. Die 68 katholischen Bischöfe tagen bis Donnerstag in Hamburg.

Vertrauen zurückgewinnen

Die katholische Laienbewegung »Wir sind Kirche« forderte derweil die Bischöfe zu einem klaren Kurs gegen die umstrittene erzkonservative Pius-Bruderschaft auf. Er erwarte, dass die Bischöfe Klartext redeten, sagte der Sprecher der Bewegung, Christian Weisner, im Deutschlandradio Kultur. Das Verhalten des Vatikans und des Papstes in der Affäre um den Holocaust-Leugner Richard Williamson stößt Umfragen zufolge bei der großen Mehrzahl der Katholiken auf Unverständnis. Die Wellen schlagen hoch, seit Papst Benedikt XVI. im Januar die Exkommunikation von vier Bischöfen der Priesterbruderschaft, darunter Williamson, aufgehoben hatte.

Auch wenn das Thema in der offiziellen Tagesordnung nicht auftaucht, werden die Bischöfe in Hamburg darüber beraten, sagte der Sprecher der Bischofskonferenz, Matthias Kopp. Die Pius-Bruderschaft lehnt wichtige Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) ab. »Es wird den Bischöfen darum gehen, verlorenes Vertrauen der Gläubigen für Papst und Kirche zurückzugewinnen«, erwartet Ulrich Ruh, Chefredakteur der theologischen Fachzeitschrift »Herderkorrespondenz«. Der Weltjugendtag 2005 in Köln habe zwar Begeisterung für Benedikt XVI. bei einem Teil der jungen Christen gezeigt, »aber nicht in der Breite«. »Jetzt müssen die Bischöfe alles tun, damit es nicht in eine Anti-Benedikt-Stimmung umschlägt.«

Wie soll das gelingen? Nach Ansicht von Ruh werden die Bischöfe dem Papst den Rücken stärken in seiner Haltung gegenüber den Pius- Brüdern. Die Oberhirten sollten klarmachen, dass die Pius-Brüder das Zweite Vatikanum vollständig anerkennen, das Problem Williamson lösen und den Papst anerkennen müssen, ehe sie voll in die Kirche zurückkehren könnten. Positiv sei, dass die deutschen Bischöfe »wie ein Mann« hinter dem Konzil stehen. Auch für »Wir sind Kirche« geht es nicht allein um die Pius-Brüderschaft, die in Deutschland ohnehin nur wenige Anhänger hat, sondern um den künftigen Kurs der Kirche. Die deutschen und internationalen Theologenproteste zu Gunsten des Konzils müssten ernst genommen werden, forderte ihr Sprecher Weisner.

Neuübersetzung mit Folgen

Anlass für Spekulationen bietet die Tagesordnung der Sitzung. Es soll ein Dokument zur »Feier der Heiligen Messe« veröffentlicht werden, über das im Vorwege nichts verlautete. Bekannt ist, dass derzeit das deutsche Messbuch überarbeitet wird. Im Jahre 2006 hatte Rom angeordnet, dass die Übersetzungen neugefasst werden. Dabei sollen zwei theologisch zentral bedeutsame Wörter (»pro multis«) neu übersetzt werden: Jesus sei nicht mehr »für alle« Menschen gestorben, sondern künftig nur noch »für viele«. Theologen halten das in letzter Konsequenz für einen Rückzug der Kirche in eine Art religiöse Wagenburg – nur die Gläubigen sollen gerettet werden. Ob das in Hamburg angekündigte Dokument hierzu Stellung beziehen wird, gilt es abzuwarten. Offiziell im Mittelpunkt der Beratungen steht die Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise. »Markt und Moral« gehören nach Auffassung von Zollitsch zusammen, der ein entsprechendes Berufsethos von Managern und Bankern fordert sowie neue Strukturen für ein gerechtes Weltwirtschaftssystem auch für die armen Ländern. Weitere Themen sind die Palliativversorgung und die Zukunft der Pflege. Die Bischöfe sind bei einer Frühjahrsvollversammlung erstmals nicht in einem Kloster oder einer anderen kirchlichen Einrichtung untergebracht, sondern in dem Fünf-Sterne-Hotel Elysee. »Wir haben in Hamburg keine passende kirchliche Einrichtung«, erläuterte Erzbistumssprecher Manfred Nielen. Der Hamburger Unternehmer und engagierte Katholik Eugen Block, Besitzer des Hotels, habe von sich aus das Domizil angeboten »zu einem Preis, den auch eine kirchliche Einrichtung kosten würde«. dpa/ND

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