Müntefering relativiert (etwas) das Verhältnis zur LINKEN

Bisky: Ausgrenzung scheitert immer / Linsler: Wahrnehmungsprobleme

  • Gabriele Oertel
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Umfragewerte für die Sozialdemokraten bleiben wenig erbaulich: Bei 25 Prozent rangiert ihre Partei derzeit. Und Bundestags- wie Landtagswahlen werfen ihre Schatten voraus. SPD-Chef Franz Müntefering holte gestern darob zu einem leichten Entlastungsschlag aus – und relativierte sein Verhältnis zur linken Konkurrenz.

Es müsse die Stunde kommen, erklärte Müntefering in der »Saarbrücker Zeitung«, wo man die Linkspartei nicht mehr an der DDR – für den SPD-Chef außer Frage ein Unrechtsstaat – misst. Vielmehr solle man sie am »konkreten Handeln« messen, »an dem, was sie heute tun und nicht tun«. Falsch wäre es, so Müntefering, LINKEN-Mitglieder »für die nächsten 200 Jahre zu exkommunizieren«. »Die Kinder und Enkelkinder der SED« müssten in der Demokratie auch ankommen können.

Damit diese Ankunft in der politischen Normalität nicht von allzu großen Blütenträumen begleitet ist, begründete Müntefering flugs noch einmal seine, diesmal als »definitiv« apostrophierte Ablehnung eines rot-roten Bündnisses im Bund mit dem Hang der LINKEN zur »Sozialromantik«. In den Ländern und Kommunen jedoch müsse »unter der Maßgabe, was ist für das Land, die Stadt das Bestmögliche?« in der jeweiligen Situation über eine Zusammenarbeit entschieden werden, sagte der SPD-Chef beim Redaktionsbesuch im Saarland. Dort finden bekanntlich am 30. August Landtagswahlen statt – und zur Debatte steht möglicherweise zum ersten Mal im Westen des einig Vaterlandes ein Regierungsbündnis zwischen SPD und LINKER. Weshalb der oberste Sozialdemokrat und sein saarländischer Spitzenkandidat Heiko Maas vorsorglich ein ums andere Mal einen Ministerpräsidenten der LINKEN ausschließen. Unabhängig vom Wahlergebnis – und ganz und gar, wenn der neue Regierungschef Oskar Lafontaine heißen sollte.

Die dennoch gemeinhin als »Entkrampfung« zur LINKEN gewerteten Äußerungen Münteferings sieht Linksparteichef Lothar Bisky ziemlich gelassen. So sehr er die Einsicht des Amtsbruders bei den Sozialdemokraten auch begrüßt, für die »Feststellung der Realität« sage er weder Bitte noch Danke, erklärte Bisky gestern auf ND-Nachfrage. »Wenn Ausgrenzer feststellen, dass ihre Ausgrenzungspolitik gescheitert ist, ist das für sie eine Erkenntnis, nicht aber für mich – ich weiß, dass Ausgrenzung immer scheitert«, so Bisky.

Weniger gnädig verfuhr der saarländische Vorsitzende der Linkspartei, Rolf Linsler, mit Müntefering. Seine »gönnerhafte Aussage« gegenüber der LINKEN zeige, dass der SPD-Chef Wahrnehmungsprobleme habe und unter Gedächtnisverlust leide. Von den nunmehr über 3200 Mitgliedern der Linkspartei an der Saar sei schließlich niemand in der SED gewesen – vielmehr käme die Hälfte aus der SPD. So wie Linsler selbst. Der heute lieber zu den »Sozialromantikern« gehört, als »verantwortlich für Rentenkürzung, Hartz IV und Zulassung von Hedge-Fonds« zu sein, wie seine ehemalige Partei SPD.

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