Nicht noch den Leerstand fördern

Die Linksfraktion nach ihrer Klausur: Mietobergrenzen sollen nur noch dieses Jahr gelten

  • Andreas Heinz
  • Lesedauer: 3 Min.

Im Streit der rot-roten Koalition um die Begrenzung von Mieten im sozialen Wohnungsbau ging die Linksfraktion einen Tag in Klausur. Gestern präsentierten die Fraktionsvorsitzende Carola Bluhm und der wohnungspolitische Sprecher Uwe Doering das Ergebnis. Heraus kam ein Kompromiss: Nur noch 2009 soll es Subventionen für Sozialwohnungen geben. »Eine erneute flächendeckende Förderung von Wohnungsunternehmen lehnen wir ab«, heißt es in der »Beschlussempfehlung zur sozialen Wohnungspolitik in Berlin«. Vorwurf der Fraktion: Was über die Mietobergrenzen hinaus geht, wird vom Land als Zuschuss den Vermietern gezahlt. Künftig müssten Mieter statt Vermieter gefördert werden.

Durch ihre Ablehnung im Senat hatte die Linkspartei bei der SPD für Ärger gesorgt, zumal die drei LINKE-Senatoren zugestimmt hatten. Bluhm begründete den jetzigen Meinungsschwenk mit »Kommunikationsproblemen«. Man habe nicht nachweisen können, dass Mieten von 5,35 Euro pro Quadratmeter in Problemkiezen wie dem Neuköllner Rollbergviertel oder dem Neuen Kreuzberger Zentrum nicht zu erzielen seien. Hier seien nicht mehr als 4,65 bis 4,75 Euro zu bekommen. Für die Linksfraktion ist es unsinnig, den meist privaten Vermietern dieser staatlich geförderten Sozialwohnungen die Differenz von 60 bis 70 Cent zu ersetzen.

Wenn es nach der SPD gegangen wäre, sollte die Mietdeckelung ursprünglich für alle rund 50 000 Sozialwohnungen gelten, die vor 1984 gebaut wurden, sagte der wohnungspolitische Sprecher Uwe Doering. Von diesen Wohnungen stünden jedoch etwa 12 000 leer. »Wir wollen nicht auch noch den Leerstand fördern«, so die Kritik. Jetzt gilt die Regelung für etwa 6200 Sozialwohnungen in Problemkiezen.

Im Gegenzug fordert die LINKE, die Mietobergrenzen für Hartz-IV-Empfänger und Bezieher von Wohngeld an die allgemeine Mietentwicklung anzupassen. Die Kluft zwischen den Mieten im sozialen Wohnungsbau sowie Miethöhen bei Neuvermietungen einerseits und den Hartz-IV-Mietobergrenzen andererseits bewirkt nach Überzeugung der Linksfraktion immer mehr Zwangsumzüge und entziehe dem sozialen Wohnungsmarkt schrittweise die Wirtschaftsgrundlage. Der Mietspiegel müsse in Zukunft die tatsächlichen ortsüblichen Mieten inklusive der Bestandsmieten zeigen.

Nach Ansicht der Linksfraktion müssen die für Hartz-IV-Empfänger geschaffenen Ausführungsvorschriften Wohnen (AV Wohnen) auf der Grundlage des aktuellen Mietspiegels regelmäßig überprüft werden. Seit März gelte eine Bruttowarmmiete von 375 Euro. Dieser Richtwert solle in Stadtvierteln mit weniger als zehn Prozent Hilfeempfängern auch überschritten werden können.

Das Einlenken des Koalitionspartners wurde von SPD-Fraktionssprecher Thorsten Metter begrüßt. Über andere Konzepte könne man sich nach 2010 unterhalten.


Mieten im sozialen Wohnungsbau

  • Die Linksfraktion wird der vom Senat beschlossenen Förderung von 6200 Sozialwohnungen in 14 sozialen Brennpunkten einmalig zustimmen. Damit revidierte die LINKE ihren ablehnenden Beschluss der vergangenen Woche.
  • Für diese Wohnungen wird die bisherige Obergrenze von 5,35 Euro pro Quadratmeter Nettokaltmiete beibehalten.
  • Der landeseigene Bestand von derzeit rund 276 000 Wohnungen soll auf 285 000 erhöht werden. Diese Wohnungen sollen über die ganze Stadt verteilt angeboten werden. Zur Zeit liegen laut Linksfraktion 20 Prozent davon in Lichtenberg, in Charlottenburg gebe es so gut wie keine. l Die Zahl der Sozialwohnungen in Berlin liegt bei rund 200 000.
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