nd-aktuell.de / 13.03.2009 / Sport / Seite 16

Ciao ciao, Italia!

Champions League: Auch Inter Mailand und AS Rom verpassen Viertelfinaleinzug

Tom Mustroph, Rom

Francesco Totti weint. José Mourinho bockt. Und Italien ist am Ende, fußballerisch gesehen zumindest. Zwar haben sich Inter Mailand und AS Rom besser geschlagen als noch vor einem Jahr. Auch hat die neuformierte Juventus-Truppe, die jetzt ohne Schiedsrichterhilfe auskommen muss, Moral bewiesen. Doch wie schon vor zwölf Monaten haben die Vertreter der Serie A das Dreifachduell gegen den englischen Fußball verloren. Das Viertelfinale in der Champions League findet erstmals seit sieben Jahren ohne italienische Beteiligung statt. Am Mittwoch mussten mit Inter Mailand (0:2 bei Manchester United) und AS Rom (6:7 nach Elfmeterschießen gegen FC Arsenal) auch die beiden letzten Hoffnungsträger die Segel streichen. Und weil auch im UEFA-Cup mit Udinese Calcio nur noch ein Verein aus dem Lande des amtierenden Weltmeisters im Rennen ist, macht sich Weltuntergangsstimmung breit.

Wir sind »aus Europa gejagt«, titelt beleidigt die Tageszeitung »Repubblica«. »Albtraum Europa«, konstatiert die »Gazzetta dello

Sport« – ganz so, als seien sportliche Erfolge ursächlich mit der Psychotechnik des Träumens verknüpft oder als hätte der Kontinent

Schuld an der Misere der Kicker vom Stiefel.

Nein, Juve, Inter und Roma sind völlig verdient ausgeschieden. Ihnen wurden ausgerechnet in ihren jeweiligen Paradedisziplinen die Grenzen aufgezeigt. Inter und Juve, die unerreichten Kraftpakete der Serie A, sind auf Gegner gestoßen, die physisch mächtiger waren, ähnliche Willensstärke aufwiesen und darüber hinaus noch die entscheidenden Sekundenbruchteile schneller reagieren konnten. Der gern wegen seines Kombinationsspiels gepriesene AS Rom hat zusehen müssen, wie die schmächtigen Buben des FC Arsenal den Ball laufen ließen und später ihre Schusstechnik vom Elfmeterpunkt bewiesen.

Der italienische Fußball wurde aus Europa gejagt, weil er dem internationalen Niveau nicht standhielt. Den Spitzenklubs gelingt es immer weniger, ein Spiel zu entwickeln. Sie verlassen sich auf Geniestreiche einzelner Protagonisten. Sie können darauf hoffen, dass spieltechnisch besser aufgestellte Mannschaften – Genua und Cagliari, Palermo und Atalanta zum Beispiel – nach 80 Minuten noch die Luft ausgeht oder dass die Schiedsrichter ihnen doch einen zweifelhaften Elfmeter zusprechen.

In Italien ist für die Großen das Beet bestellt. Wenn doch einmal etwas schief geht, wird die Schuld auf tatsächliche oder vermeintliche Fehlentscheidungen der Referees abgewälzt. Echten Wettbewerb und schonungslose Fehleranalyse sind die Spieler, Trainer und Vereine der Serie A nicht gewohnt. Sie erleiden Schiffbruch, sobald sie außerhalb der Landesgrenzen ihrem Geschäft nachgehen.

Der Neuankömmling José Mourinho, der sich bemüht, die Spielanlage von Inter Mailand zu verbessern, hat dies zumindest erkannt. Er will die Mentalität seiner Spieler verändern. Es wäre allerdings paradox, sollten ausgerechnet in einem System, das zur Sedierung der Gesellschaft perfektioniert wurde – »Italien isst Brot und Fußball«, pflegt Regierungschef Silvio Berlusconi zu sagen –, Tugenden wie Rationalität, Tüchtigkeit und Ehrlichkeit einzögen.

Solide Aufbautätigkeit ist aber nicht angesagt. Juventus etwa, mit einem halben Dutzend begabter Mittelfeldspieler versehen, die einen tollen Kombinationswirbel entfachen würden, wenn der Coach sie damit beauftragte, sieht die Rettung nicht in der verstärkten Ball-Arbeit, sondern an der Verpflichtung neuer Stars. Das ist so, als nehme man Red Bull gegen Krebs.