Kein hartes Rechnen mehr für Taschenrechner

LINKE will wirkliche Lernmittelfreiheit in Sachsen

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 3 Min.
Lernmittel sind in Sachsen laut Verfassung kostenlos. Tatsächlich müssen Eltern von Schulkindern aber jährlich etwa 150 Euro dafür berappen. Die LINKE will das jetzt ändern.

Am Schuljahresanfang ist es der Atlas: Über 20 Euro sind für das Kartenwerk zu berappen. Außerdem wird eine Exkursion durchgeführt, für die fünf Euro Eintritt fällig werden. Später muss hie und da ein Arbeitsheft bezahlt werden, für den Kunstunterricht wird ein spezieller Farbkasten benötigt, und im Frühjahr geht es für drei Tage zur Klassenfahrt, was 60 Euro kostet. Regelmäßig werden Eltern sächsischer Schulkinder zur Kasse gebeten – übers Jahr mit durchschnittlich 147 Euro, hat der Landeselternrat bei einer Umfrage im Internet unter gut 1500 Eltern herausgefunden. Der DGB geht ebenfalls von 150 Euro aus. Die Ausgaben für den Schulbus und eventuelle Nachhilfestunden eingerechten, kommen sogar Summen von 1000 Euro zusammen.

Rechtens ist das nicht, sagt Cornelia Falken, Landtagsabgeordnete der LINKEN. Sie verweist auf Paragraf 102 der Landesverfassung, der nicht nur kostenlosen Unterricht, sondern auch die unentgeltliche Bereitstellung von Lernmitteln vorsieht. Allerdings garantiert das einst vor der Verfassung verabschiedete Schulgesetz lediglich, dass für Lehrbücher nichts bezahlt werden muss. »Das geltende Recht erfüllt also die Verfassungsgarantie nicht«, sagt Falken: »Es muss geändert werden.« Ihre Fraktion hat kürzlich ein entsprechendes Gesetz vorgelegt, das jetzt in den Landtag eingebracht wurde.

Kommt das Land seiner selbst auferlegten Pflicht nach und bezahlt künftig auch Tafelwerke und Arbeitshefte, Kopien und Klassikerausgaben für den Deutschunterricht sowie Kopien und Geräte wie den im Gymnasium ab Klasse 8 benötigten grafikfähigen Taschenrechner, müssen erhebliche Beträge in den Landesetat eingestellt werden: Träte das Gesetz zum neuen Schuljahr in Kraft, wären für 2009 noch 16 Millionen Euro aufzuwenden, im Jahr danach wären es 37 Millionen. Würde auch der bisherige Elternanteil an der Schülerbeförderung durch das Land übernommen, kämen noch einmal 12,5 Millionen Euro dazu, sagt Falken. Die LINKE hält letzteres für dringend geboten. Schließlich müssten viele Schüler nur deshalb mit dem Bus zur Schule fahren, weil ihre früheren Einrichtungen der rigiden Schulschließungspolitik des Freistaats zum Opfer gefallen seien.

Im Kultusministerium stößt die Initiative nicht auf Gegenliebe. Minister Roland Wöller (CDU) betont, dass der Freistaat »alle notwendigen Schulbücher« bezahle – als eines von nur acht Bundesländern. In den übrigen Ländern wird ein Eigenanteil verlangt, oder die Kosten werden nur für einkommensschwache Familien übernommen. Zudem seien im Doppeletat für 2009/10 bereits jeweils fünf Millionen Euro eingestellt, die Kommunen und Landkreise als zusätzliche Pauschale zur Lernmittelfreiheit erhalten. Die LINKE verweist allerdings auf das Beispiel Baden-Württemberg, wo Lernmittel komplett bezahlt werden. Dort kommen die Schulträger, also die Kommunen, mit Unterstützung des Landes auch für Reißzeug, Rechner und andere Materialien auf. Freilich: Bei früheren Vorstößen erklärten die Sachsens kommunale Spitzenverbände, dass sich nicht wenige Städte und Landkreise in Sachsen überfordert sähen.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal