Den richtigen Moment spüren

Hertha BSC setzt gegen Bayer Leverkusen auf seine Art Fußball: Defensive dominiert

»Wer in dieser Saisonphase mit vier Punkten führt, hat das Zeug zum Meister«, lässt Bruno Labbadia keinen Zweifel an der Stärke von Hertha BSC. Der Trainer von Bayer Leverkusen gastiert heute mit seinem Team beim Bundesliga-Spitzenreiter im Olympiastadion. In Berlin geht man mit dem Thema Meisterschaft wesentlich zurückhaltender um. Besonders Coach Lucien Favre ist um Bodenhaftung bemüht: »Ich bin nie euphorisch, aber auch nie besonders pessimistisch.«

Der Schweizer wiederholt gebetsmühlenartig, dass bei den bisher 14 Saisonsiegen oft das Glück mitgeholfen habe. Viele Spiele hätten auch anders verlaufen können. Und dass jedes Spiel eng sei, egal ob gegen den Dritten oder den Vorletzten. Vor dem Tabellensiebten aus Leverkusen hat Lucien Favre besonderen Respekt und kommt sogar ein wenig ins Schwärmen: »Eine super Mannschaft, spielerisch und technisch sehr stark, mit guter Balleroberung und schnellem Passspiel.«

Dieser Einschätzung kann man nicht widersprechen. Den Grund, warum die Bayer-Elf aus diesen Qualitäten in dieser Saison dennoch soviel weniger macht als Hertha BSC, verpackt der Leverkusener Trainer in ein Kompliment für den heutigen Gegner. »Sie haben ihre Art gefunden, wie sie spielen müssen«, sagt Labbadia. Natürlich hat auch er eine Vorstellung vom Spiel seiner Mannschaft, doch sie ist einfach schwerer umzusetzen und taugt nicht für jeden Gegner.

Die Mannschaften tragen die Handschrift ihrer Trainer. Der ehemalige Stürmer Bruno Labbadia setzt auf die Kraft der Offensive, will den Gegner ständig unter Druck setzen und so zu Fehlern zwingen. Er fordert viel Ballbesitz und will so das Spiel dominieren – ein sehr kraftaufwendiges Spiel, mit Risiken für die eigene Abwehr.

Gerade schwächere Teams setzen gegen Leverkusen komplett auf Defensive und warten mit Kontern auf die Lücken in der Bayer-Abwehr. Mit Erfolg, wie die letzten Ergebnisse zeigen: Abstiegskandidat Bochum holte auswärts einen Punkt, Hannover gewann gegen Leverkusen. Dazwischen lag wiederum die beeindruckende 4:2-Pokalgala gegen den FC Bayern München.

Auch das Hinspiel der heutigen Gegner war ein Beispiel für die Anfälligkeit des Leverkusener Systems. Zwar verzeichnete die Bayer-Elf einen Ballbesitz von 62 Prozent und zielte im Gegensatz zu sechs Hertha-Schüssen 27 Mal auf das Berliner Tor. Am Ende aber gewannen die Berliner mit 1:0 durch ein Tor von Andrey Voronin, der von 2004 bis 2007 beim Werksklub vom Rhein aktiv war .

Für Lucien Favre sind Ordnung und Disziplin auf dem Spielfeld die Grundfesten erfolgreicher Arbeit. Er setzt, wie in seiner aktiven Zeit als kreativer Mittelfeldmann, auf intelligentes Spiel. Seine Mannschaft muss den Gegner nicht 90 Minuten beherrschen, seine Spieler sollen lieber »den richtigen Moment spüren«, sagt er. Da reichen einige wenige Momente, um eine Partie zu entscheiden.

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