nd-aktuell.de / 14.03.2009 / Politik / Seite 2

»Banken haben nichts gelernt«

Anlegerschützer kritisieren Bundesregierung am Weltverbrauchertag

Hermannus Pfeiffer
Die Banken ziehen kaum Lehren aus der Finanzkrise: Spekulative Produkte werden weiter bevorzugt verkauft, das Geschäft mit Kleinanlegern wird vernachlässigt. Die Maßnahmen der Politik dagegen sind halbherzig, sagen Verbraucherschützer.

Verbraucher- und Anlegerschützer üben anlässlich des Weltverbrauchertages schwere Kritik an Banken und Bundesregierung. Die Kreditinstitute würden trotz Finanzkrise weiterhin »aggressiv« ihre Produkte anbieten und die Große Koalition vernachlässige den Schutz der Kleinsparer. »Die geplanten Maßnahmen für einen besseren Anlegerschutz greifen zu kurz«, sagte Volker Pietsch, Vorstand des Deutschen Instituts für Anlegerschutz.

Eine Studie, die das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) in Auftrag gegeben hatte, belegt Schäden in Milliardenhöhe, die in den vergangenen Jahren durch Falschberatung entstanden sind. Ein Gesetzentwurf von Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) sieht nun vor, dass Bankangestellte zukünftig jedes Beratungsgespräch protokollieren und die Kunden dieses unterschreiben müssen. Dadurch könnten Verbraucher Beratungsfehler, wie in der Vergangenheit bei inzwischen wertlosen Lehmann-Zertifikaten, leichter nachweisen. Außerdem soll die Haftung der Berater erst nach zehn Jahren verjähren; bislang läuft die Frist bereits nach drei Jahren aus. Hermann-Josef Tenhagen von der Verbraucherzeitschrift »Finanztest« hält beide Maßnahmen für »einen großen Schritt nach vorne«.

Kritisiert wurden auf der ministeriellen Fachtagung in Berlin allerdings auch die »Anreizsysteme«. Freie Vermittler und im Verkauf beschäftigte Banker und Sparkassenangestellten leben zunehmend von Provisionen. Es liegt auf der Hand, dass die Versuchung groß ist, Kunden »schlechte« Produkte mit einer hohen Provision zu verkaufen statt »gute«, also bedarfsgerechte Produkte mit niedriger Provision. Volkswirtschaftlich eine Fehlsteuerung wie die auf kurzfristigen Erfolg ausgerichteten Boni-Systeme im Top-Management. Statt dessen sollten Banken eine Beratung gegen Honorar anbieten.

Auch in einem anderen Punkt habe sich »die Bankenlobby« durchgesetzt, kritisiert Volker Pietsch vom Deutschen Institut für Anlegerschutz (DIAS) in Berlin. Geprellte Sparer müssen heute der Bank eine Falschberatung nachweisen, was in der Praxis kaum möglich ist. Dagegen sollte durch eine Umkehr der Beweislast in einem Rechtsstreit die Bank ihre korrekte Beratung beweisen müssen. Unterm Strich, so warnt Pietsch, hätte das Gesetz »mitnichten eine Präventivwirkung gegen Falschberatung«.

Und die scheint weiter zu grassieren. Trotz Finanzkrise machen die Finanzverkäufer nach Erkenntnissen des DIAS weiter wie bisher. »Die Banken haben nicht dazugelernt und beraten nach unseren Erkenntnissen weiterhin aggressiv«, warnt Pietsch. Von einer Vielzahl von Anfragen berichtet auch die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Sparer und Anleger seien »zutiefst verunsichert«.

Anlässlich des Weltverbrauchertages am 15. März fordert die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein zudem speziellen Schutz für Kinder. Kinder seien als Zielgruppe für Marketingstrategen besonders interessant, weil sie Einfluss auf die Kaufentscheidungen ihrer Eltern nehmen und weil Kinder der Markt von morgen sind, betont der Kieler Verbraucherschützer Stefan Bock. »Die Finanzkrise hat gezeigt, dass wir nicht früh genug damit beginnen können, die Menschen auf das kritische Hinterfragen von Werbebotschaften vorzubereiten.«