Kreuzung aller Stereotypen

Die »Eagles of Death Metal« spielten im Huxleys an der Hasenheide

  • Jacob Rösler
  • Lesedauer: 2 Min.
Frontmann Jesse Hughes (li.)
Frontmann Jesse Hughes (li.)

Jesse »The Devil« Hughes trägt einen fantastisch abartigen Schnauzbart. Kombiniert mit einer fiesen Fliegersonnenbrille und Muskelshirts, die tätowierte Oberarme offenbaren, wäre ihm auch in dem ein oder anderen »Erwachsenenfilm« der 70er Jahre ein Platz sicher gewesen. Obwohl aus Greenville, South Carolina, kommend, und damit durchaus prädestiniert für kulturell motivierte, geschmackliche und ideologische Fehltritte, ist Jesse Hughes von Grunde auf kein White-Trash- Rock’n’Roll-Hillbilly, der hauptberuflich Pickups fährt und Barschlägereien anzettelt. Er ist vielmehr eine Kettchen tragende Klischeesammlung und macht selbstironische Musik, die eigentlich der Ironie völlig unverdächtig ist. Denn vor allem ist Jesse Hughes Sänger und Co-Gitarrist der Eagles of Death Metal (EoDM). Und in dieser Rolle ist er grandios. Die Band ist eine Kreuzung aller Rock’n’Roll-Stereotypen, nicht nur im Bezug auf die musikalische Komponente. Die EoDM wurden ursprünglich 1998 gegründet von Hughes und Josh Homme, dem Godfather of Stoner Rock. Letztgenannter ist bekannt als Tausendsassa, Gründer von Kyuss und vor allem Chef der Queens of the Stone Age und nur noch selten live zu sehen. So sind die EoDM notwendige Ergänzung nicht nur zum schwer wabernden Stoner-Rock, sondern auch überspitzter Counterpart zu all dem Bierernsten der vergangenen und damit aktuellen Rockmusik. Mit Death Metal verbindet die Band musikalisch ähnlich viel wie mit den Eagles, andererseits sind sie genau die Schnittmenge dieser beiden und damit potenziell höchst unterhaltsam. Die Vier-Mann-Kombo wirkt wie eine Rockband-Karikatur, auch wenn der Sound feinster Rock’n’Roll ist. Der Gegensatz entwickelt sich zu voller Pracht, wenn messerscharf gespielte Riffs verschnörkelt werden durch Hughes Tanz, der einer Dragqueen besser zu Gesicht stünde als einem Metalhead.

Aber die Shows von Jesse Hughes Mannen funktionieren trotz und wegen der Tatsache, dass die Qualität der musikalischen Darbietung geringer ist als die dadurch entfachte Begeisterung. Dabei ist der handwerkliche Aspekt durchaus mindestens als solide zu bezeichnen: auf den Punkt genau und akustisch einwandfrei werden die Songs dargeboten und mit Leben gefüllt. Der Konsum eines der inzwischen bereits drei Studio-Alben ist nicht annähernd zu vergleichen mit dem Genuss auch nur eines einzelnen live gespielten Songs. Mit ausreichend Können und viel Witz geben die EoDM live eine Liebeserklärung an die oftmals müde Rockmusik ab. Für das Publikum ist es in jedem Fall ein wundervoller Riesenspaß. So wie beim mitreißenden Konzert am Donnerstag im Huxleys.

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