nd-aktuell.de / 17.03.2009 / Politik / Seite 1

Israel vor ultrarechter Koalition

Netanjahu einig mit Lieberman / Nationalist soll Außenminister werden

Die konservative Likud-Partei von Benjamin Netanjahu und die nationalistische Partei Unser Haus Israel haben sich auf die Bildung einer gemeinsamen Regierung geeinigt und einen Koalitionsvertrag unterzeichnet.

Jerusalem (AFP/ND). Der designierte israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat sich mit der Rechtsaußenpartei Unser Haus Israel auf eine Koalition verständigt. Deren Parteichef Avigdor Lieberman soll Außenminister werden, wie Netanjahus Likud-Partei am Montag mitteilte. Die Lieberman-Partei erhält außerdem die Ressorts Innere Sicherheit, Infrastruktur, Tourismus und Integration von Einwanderern.

Der mit den Verhandlungen über die Kabinettsposten befasste Likud-Abgeordnete Gideon Saar stellte eine um weitere Parteien erweiterte Regierung in Aussicht. In diesem Fall werde es Änderungen in der Vereinbarung zwischen Likud und Unser Haus Israel geben. Der rechtskonservative Likud verfügt über 27, Liebermans Partei über 15 von insgesamt 120 Parlamentsabgeordneten. Netanjahu will sich die Mehrheit in der Knesset sichern, indem er Vereinbarungen mit anderen Parteien schließt. Dazu zählen die ultraorthodoxe Schas-Partei mit elf Abgeordneten, die strengreligiöse Vereinte Thora-Liste sowie die ultrarechten Parteien Nationale Union und Jüdisches Heim.

Aber auch zur größten Knesset-Fraktion, der Kadima-Partei der amtierenden Außenministerin Zipi Livni mit ihren 28 Abgeordneten, hat Netanjahu im Hinblick auf die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit den Gesprächsfaden nicht abreißen lassen. Livni will jedoch die Gründung eines Palästinenserstaats als Ziel im Regierungsprogramm festschreiben; Netanjahu lehnt dies ab und will die Verhandlungen mit den Palästinensern an eine Verbesserung der Sicherheitslage knüpfen.

Netanjahus mit Lieberman getroffene Koalitionsvereinbarung stieß umgehend auf Kritik. Der arabisch-israelische Abgeordnete Ahmed Tibi rief die europäischen und arabischen Außenminister auf, Lieberman zu boykottieren. Der ägyptische Außenminister Ahmed Abul Gheit warnte bei einem Treffen mit arabischen und europäischen Abgeordneten am Sitz des Europaparlaments in Brüssel vor den Folgen für den Friedensprozess, falls keine gemäßigten Kräfte in der neuen Regierung vertreten seien. Ähnlich äußerte sich der EU-Außenbeauftragte Javier Solana. Dagegen riet der französische Außenminister Bernard Kouchner davon ab, »ein Scherbengericht zu veranstalten« und plädierte dafür, mit der israelischen Regierung zusammenzuarbeiten.

Lieberman hatte im Wahlkampf rassistische Stimmungen gegen die arabischen Bürger Israels geschürt und von ihnen einen Treueschwur auf den Staat Israel gefordert. Ansonsten müssten sie ausgewiesen werden, drohte er. Während des Krieges im Gazastreifen forderte er, Israel müsse die Palästinenserorganisation Hamas so bekämpfen, wie »die USA Japan im Zweiten Weltkrieg«.

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