Sieg für Burda, Otto und Co.

Fraktionen von Union und SPD kritisieren Gesetz zum Datenhandel

Der Umgang mit Kundendaten soll strenger geregelt werden. Die Regierungspläne gehen den Koaltionsfraktionen jedoch zu weit. Sie kämpfen für Änderungen zu Gunsten der Wirtschaft.

Die Interessenverbände von Versandhändlern und Zeitschriftenverlegern haben ganze Arbeit geleistet. Seit Monaten malen sie die Zukunft der Branche in den schwärzesten Farben, sollten die Regierungspläne zum Handel mit Kundendaten Gesetz werden. »Vorsichtig« geschätzt drohe dem Versandhandel ein Umsatzverlust zwischen 50 und 100 Milliarden Euro, schreibt etwa der Bundesverband des Deutschen Versandhandels in seiner Stellungnahme für eine Anhörung zur Reform des Bundesdatenschutzgesetzes, die am Montag im Bundestag stattfindet. Und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger fürchtet gar um die Pressevielfalt, wenn gezielte Werbebriefe an fremde Adressen verboten wären. Wie sollten Unternehmen neue Kunden bekommen?

Die Klagen waren nicht umsonst. Noch vor ihrem Auftritt im Innenausschuss haben die Verbände in den Koalitionsfraktionen engagierte Anwälte gefunden. Bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfes von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) meldeten Union und SPD am Donnerstagabend »Korrekturbedarf« an: Sprich, sie wollen die Änderungen zu Gunsten von Otto, Burda und Co. entschärfen.

Fallen soll vor allem ein Punkt: Nach dem Entwurf dürfen Firmen die Adressen ihrer Kunden nur noch weitergeben, wenn diese vorher ausdrücklich zugestimmt haben. Statt eines »opt-in« gilt bislang das umgekehrte »opt-out«-Prinzip. Verbraucher müssen aktiv widersprechen. Damit, monierte die CDU-Innenexpertin Beatrix Philipp, schieße die Bundesregierung »über das eigentliche Ziel des Datenschutzes« hinaus. Die Vorschläge müssten »grundsätzlich überdacht werden«. Auch der Verbraucherpolitiker der SPD, Manfred Zöllmer, mahnte eine »vernünftige Lösung« an, die Datenmissbrauch verhindert, ohne die Wirtschaft zu behindern. 95 Prozent der Bevölkerung schließen für sich ein opt-in aus. Dies macht Unternehmen Angst, spricht aus Verbrauchersicht aber gerade für die Einführung dieses Prinzips.

Die Opposition muss nun ein Gesetz verteidigen, das ihnen genau wie Daten- und Verbraucherschützern nicht weit genug reicht. So enthält es Ausnahmen vom Einwilligungsgebot, etwa für Geschäftswerbung. Demnach darf der Handwerkerfachhandel dem Tischlerbetrieb weiter ungefragt Angebote zuschicken. Zudem sind die Vorgaben für ein Gütesiegel für Firmen mit besonders hohem Datenschutz vielen zu schwammig. »Der Entwurf vereinigt fast alle Fehler, die bei einem Auditgesetz gemacht werden können«, heißt es in der Stellungnahme des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein für den Innenausschuss. Er garantiere weder Unabhängigkeit der Bewertung noch Qualität, Transparenz und Rechtssicherheit.

In der Debatte geht es um mehr als die Belästigung durch Werbeflut. Die Weitergabe von Listen mit Kundendaten ohne explizite Erlaubnis der Betroffenen widerspreche dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung, sagte die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Silke Stokar, im Bundestag. Dadurch wurden »persönliche Daten weitläufig und für den Einzelnen nicht mehr nachvollziehbar und überprüfbar verstreut«.

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