nd-aktuell.de / 26.03.2009 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 8

Faule Verbrauchszahlen?

Der Werkzeugwissenschaftler Dr. Gerd Rosenkranz über Angaben von Autoherstellern und die Steuer / Rosenkranz ist Leiter Politik und Presse der Deutschen Umwelthilfe

Fragwürdig: Faule Verbrauchszahlen?

ND: Die Deutsche Umwelthilfe sagt, die meisten Autohersteller geben den Verbrauch ihrer Fahrzeuge systematisch zu niedrig an. Können Sie das belegen?
Rosenkranz: Das ist schon seit vielen Jahren ein Ärgernis. Die Autofahrer spüren das ja an der Tankstelle. Wir haben die offiziellen Angaben der Autohersteller und die Testergebnisse des ADAC verglichen und festgestellt, dass die ADAC-Zahlen in den meisten Fällen bis zu gut 30 Prozent über denen der Hersteller liegen. Also die Tatsache an sich ist unstrittig.

Prüft der ADAC mit dem gleichen Verfahren wie die Autohersteller?
Die haben eine wirklichkeitsnähere, etwas veränderte Prüfroutine. Aber das ist nicht der Hauptgrund für die Abweichungen. Die Autohersteller prüfen nicht Fahrzeuge, wie sie beim Autohändler stehen, sondern präparierte Autos mit besonderen Leichtlaufreifen unter hohem Druck, speziellen Schmierölen und abgeklemmter Lichtmaschine. Und sie nutzen noch eine Reihe anderer Tricks.

Es liegt also nicht nur am genormten europäischen Fahrzyklus, wie die Hersteller behaupten?
Natürlich ist der zur Messung verwendete europäische Fahrzyklus besonders für Deutschland unrealistisch. Denn bei dem Fahrzyklus sind nur kurze Beschleunigungen auf 120 Stundenkilometer vorgesehen, weil in allen anderen EU-Ländern ein generelles Tempolimit existiert. Insofern wäre der Mehrverbrauch ein zusätzliches Argument für ein Tempolimit in Deutschland. Aber bei den Abweichungen zwischen den ADAC-Zahlen und den Herstellerangaben hat das keine Rolle gespielt. Denn auch beim ADAC wird auf dem Rollenprüfstand nur kurz auf der Autobahn gefahren.

Nun können sich die Autofahrer vor dem Kauf ja in Zeitschriften orientieren. Wer hat also den Schaden?
Die Autofahrer kostet es jährlich bis zu 1000 Euro an der Tankstelle. Aber ab dem 1. Juli bekommt das Ärgernis noch eine neue Qualität, wenn die Kfz-Steuer teilweise auf den CO2-Ausstoß des Autos umgestellt wird. Dann bedeuten zu niedrige Verbrauchsangaben der Hersteller weniger Geld in der Kasse von Finanzminister Peer Steinbrück. Wir haben überschlägig berechnet, dass sich das im Laufe der nächsten Jahre auf dreistellige Millionenbeträge pro Jahr summieren wird. Der eigentliche Skandal liegt ja darin, dass die Autohersteller die Tests machen und das behördlich nicht überprüft wird.

Was wäre Ihre Alternative?
Die Forderung der Deutschen Umwelthilfe ist, diese Verbrauchsangaben der Autohersteller behördlich zu überprüfen. Vom Verfahren her kann das so sein, dass das Kraftfahrtbundesamt beispielsweise Fahrzeuge schlicht beim Händler kauft, dann von einem zertifizierten Prüflabor prüfen lässt und die Ergebnisse mit den Angaben der Hersteller vergleicht. Die unabhängigen Prüfergebnisse wären dann der Wert, nach dem sich auch die Kfz-Steuer bemisst. Wir erhoffen uns davon auch einen indirekten Effekt, dass sich nämlich die Autohersteller ehrlicher machen, weil sie wissen, das wird überprüft.

Haben Sie besonders schwarze Schafe ausmachen können?
Beim Vergleich mit dem ADAC-Eco-Test ist das von Modell zu Modell verschieden. Alle Autohersteller interpretieren die Prüfvorschriften kreativ bis hin zur Verbrauchertäuschung, aber nicht bei jedem ihrer Modelle. Vor allem bei den Kleinwagen gibt es im realen Autoleben sehr große Abweichungen nach oben, bei den größeren Fahrzeugen ist es eher die Ausnahme.

Fragen: Steffen Schmidt