Nicht alle sind gleich bei der Gleichstellung

Offener Brief nach Zoff um Postenbesetzung in Koalition Sachsen-Anhalts

  • Hendrik Lasch, Magdeburg
  • Lesedauer: 2 Min.
In einem Offenen Brief kritisieren Frauenverbände in Sachsen-Anhalt das »unwürdige Gezerre« bei der Suche nach einer Gleichstellungsbeauftragten des Landes, in der die CDU einen SPD-Vorschlag abblockt.

Die Wortwahl ist deutlich. Als ein »unwürdiges Gezerre« bezeichnen zahlreiche Frauenverbände Sachsen-Anhalts in einem Offenen Brief den Schaukampf, den sich die Koalition aus CDU und SPD in Magdeburg um die Besetzung eines Postens liefert. Es geht um das eigentlich nicht übermäßig prominente, gleichwohl freilich wichtige Amt der Gleichstellungsbeauftragten. Schon seit Juli 2008 ist die Stelle nicht mehr besetzt. Morgen endet eine Auschreibung für das Amt – es ist mittlerweile die dritte.

Eigentlich ist das Verfahren zur Stellenbesetzung nicht kompliziert: Sie wurde ausgeschrieben, in diesem Fall vom SPD-geführten Sozialministerium. Das sichtete alle Bewerbungen und erstellte danach eine Liste. Bestplatzierte war Conny Lüddemann, seit vielen Jahren Geschäftsführerin des Landesfrauenrates und mit den zu bearbeitenden Themen bestens vertraut.

Damit hätte der Fall erledigt sein können, wäre Lüddemann nicht eine Bündnisgrüne. Wohl aus diesem Grund schaltete die CDU-geführte Staatskanzlei die Signale auf Rot; Bewerberinnen wurde mitgeteilt, die Ausschreibung sei bereits im Januar abgebrochen worden und die Stelle solle nunmehr intern besetzt werden. Wahrscheinlicher Grund: Auch beim Amt der Gleichstellungsbeauftragten sind nicht alle Bewerberinnen gleich. Die CDU favorisiert dem Vernehmen nach ihre ehemalige Landtagsabgeordnete Eva Wybrands, die auf der Auswahlliste aber weiter hinten platziert ist.

Als die Angelegenheit Mitte März publik wurde, schäumten SPD-Vertreter: Sie fühle sich »gelinkt«, wetterte Fraktionschefin Katrin Budde; auch Sozialministerin Gerlinde Kuppe soll »absolutes Unterständnis« geäußert haben. Der CDU-Regierungschef Wolfgang Böhmer teilte mit, Personalangelegenheiten kommentiere er nicht.

In dem jetzt veröffentlichten Offenen Brief, den für die Frauen-Union auch Wybrands unterzeichnet hat, wird scharfe Kritik an den Abläufen geübt, die »kaum mehr nachzuvollziehen« seien und von allen Beteiligten anders dargestellt würden. Die Vermischung von internen und externen Ausschreibungen weckten »hohe Zweifel an der Rechtssicherheit« – die linke Gleichstellungspolitikerin und Juristin Eva von Angern weist darauf hin, dass eine externe Ausschreibung nur aufgehoben werden darf, wenn es keine geeigneten Bewerber gibt, was nicht der Fall war.

Die Frauenverbände, vom Frauenausschuss des DGB über die Arbeitsgemeinschaft der 20 Frauenhäuser bis zum Verein »Mütter aller Nationen«, beklagen nicht nur, dass durch das peinliche Hickhack in aller Öffentlichkeit die Bewerberinnen und »der gesamte Politikbereich« beschädigt würden, sondern merken auch an, dass dringende Aufgaben im Land nicht erledigt werden könnten. Womöglich wird der Schwebezustand morgen beendet. Vielleicht beschäftigt die Posse aber auch noch Gerichte.

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