nd-aktuell.de / 14.04.2009 / Brandenburg / Seite 15

Sehende helfen Blinden

Seit Juli 2008 saß Sebastian Filter hinter dem Steuer des feuerroten Autos. Ende März dieses Jahres hatte der Zivildienstleistende aus Hannover seine letzte Fahrt mit Sehgeschädigten und Blinden. Der 20-Jährige war für den kostenlosen Fahrdienst unterwegs, der in Wilmersdorf stationiert ist. »Es war sehr gut, den Menschen auf diese Weise helfen zu können, zum Beispiel bei Behördengängen oder Fahrten zum Versorgungsamt oder Jobcenter.«

Schon seit Dezember 2007 rollt das »Blindenmobil« durch die Stadt. Ein Jahr später startete solch ein Begleitservice in Köln, nun ist ein Angebot in Hannover geplant. »Damit initiierte die Gemeinschaft deutscher Blindenfreunde ein in der Bundesrepublik bislang einmaliges Projekt. Heute gehört das Angebot zum festen Bestandteil eines barrierefreien Lebens«, sagt Thorsten Bräuer von der Blindenvereinigung. »Unsere Hilfe geht weit über die Fahrt hinaus«, hebt Bräuer hervor.

Zivi Sebastian schildert eine typische Tour: »Die Probleme beginnen da, wo die Routine aufhört: Die Orientierung in fremder Umgebung, auf Wunsch das Ausfüllen von Formularen – in solchen Situationen brauchen Sehbehinderte einen sehenden Begleiter, auf den sie sich verlassen können.« Eine Fahrt unter dem Motto »Sehende helfen Blinden« kann dann auch mal drei bis vier Stunden dauern.

Damit das »Blindenmobil« weiterhin rollen kann, braucht der gemeinnützige Verein Unterstützung. »Wir müssen vieles selbst erwirtschaften und sind weiterhin auf Spenden angewiesen«, sagt Thorsten Bräuer. Er hofft, dass sich das Angebot noch mehr herumspricht. »In den östlichen Bezirken könnte die Resonanz größer sein«, räumt er ein. Faltblätter in allen Bezirksämtern sollen Abhilfe schaffen.

In Deutschland wird die Zahl der Sehbehinderten und Blinden auf 650 000 geschätzt. »Für Berlin gibt es keine Zahlen«, erklärt Bräuer. »Sie existieren zwar, aber werden nicht koordiniert.« ahe

  • Angefordert werden kann der Fahrdienst zum Beispiel für Termine bei Ämtern, Anwälten Vorstellungsgespräche Erstberatung bei Selbsthilfeeinrichtungen Fachärztliche Untersuchungen
  • Nicht gestattet sind Fahrten zu Veranstaltungen wie Konzerte Hausarztuntersuchungen Bahnhöfen und Flughäfen
  • Erreichbar ist der Service montags bis freitags von 9 bis 16 Uhr unter 0151 / 54 70 24 67. Terminvereinbarungen zwei Tage im Voraus.
  • www.blindenfreunde.de