Alleen gegen den Baum gefahren

Naturschützer rügen geplanten Erlass / Verkehrsminister weist Vorwürfe zurück

  • Lesedauer: 2 Min.

Potsdam (epd). In Brandenburg droht nach Einschätzung von Naturschützern durch geplante Gesetzesverstöße ein dramatisches Alleensterben. Anders als im Naturschutz- und Straßenbaugesetz des Landes festgelegt sehe ein Entwurf des Verkehrsministeriums für einen neuen Alleenerlass nicht vor, aus Sicherheitsgründen gefällte Alleenbäume durch Neupflanzungen in gleicher Anzahl zu ersetzen, sagten Vertreter von Umweltverbänden am Freitag.

Verkehrsminister Reinhold Dellmann (SPD) wies die Vorwürfe zurück, äußerte sich aber nicht zu Plänen für einen neuen Erlass. »Ich verwahre mich gegen den Betrugsvorwurf«, erklärte Dellmann. Wichtigstes Ziel sei der dauerhafte Erhalt der rund 2500 Kilometer Alleen an Bundes- und Landesstraßen. Dies werde mit einem im Herbst 2007 beschlossenen Alleenkonzept »kontinuierlich umgesetzt«. Im vergangenen Jahr seien mit 7595 neuen Straßenbäumen 1461 mehr Bäume gepflanzt als gefällt worden. Insgesamt seien so mehr als 34 Kilometer neue Alleen entstanden.

Es sei enttäuschend, dass die im Herbst 2008 im Landtag beschlossenen Gesetze »von der Landesregierung nicht umgesetzt« würden, sagte dagegen der Landesgeschäftsführer des Naturschutzbundes Wolfgang Mädlow.

Mit dem geplanten Erlass werde der bis 2025 erwartete Verlust von rund 100 000 Alleebäumen und damit einem Drittel der Alleen an Bundes- und Landesstraßen dauerhaft festgeschrieben, sagte Wolfgang Ewert von der Schutzgemeinschaft Brandenburger Alleen. So müssten jährlich voraussichtlich bis zu 9000 Bäume aus Altersgründen gefällt werden.

In dem Erlass seien jedoch nur jährliche Neupflanzungen von je 5000 Bäumen auf insgesamt 150 Kilometern in den nächsten fünf Jahren geplant, hieß es. Damit sei kein Ausgleich der drastischen Verluste möglich. Mit der Befristung der Regelung auf fünf Jahre sei zudem »völlig unsicher«, wie der Erhalt der Alleen im Anschluss gesichert werden soll, kritisierte Mädlow. Das Problem und die Kosten würden so kommenden Generationen aufgebürdet. Alle Pflichten zum Erhalt der Alleen würden »in die ferne Zukunft der 30er, 40er und 50er Jahre« verschoben. Gefällte Alleebäume sollen dem Erlass zufolge künftig auch nicht mehr statistisch erfasst werden, sagte Ewert. Damit entfielen die Möglichkeiten zur Kontrolle angemessener Nachpflanzungen. Sollte der Erlass in Kraft treten, bestehen nach Einschätzung der Umweltverbände keine Möglichkeiten mehr, den Verlust der Straßenbäume vor Gericht zu verhindern.

Brandenburg ist mit 8000 Kilometern Straßenbaumreihen das alleenreichste Bundesland. Nach Berechnungen des Verkehrsministeriums kann der Alleenbestand von knapp 350 000 Bäumen im Jahr 2005 durch jährliche Pflanzungen von 5000 Bäumen erst im Jahr 2060 wieder erreicht werden. Tiefpunkt wäre demzufolge mit weniger als 250 000 Alleebäumen das Jahr 2025.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal