Im normalen Sprachgebrauch wird oft nicht zwischen Einnahmen und Einkommen unterschieden, so dass viele Studierende dem Missverständnis aufsitzen, sie dürften nur 7.664 Euro brutto verdienen, wenn in den Medien zu lesen ist, ein Einkommen bis 7.664 Euro pro Jahr sei steuerfrei. In Wirklichkeit ist aber das, was in den Steuergesetzen unter Einkommen verstanden wird, deutlich geringer als das steuerfreie Brutto. In anderen Gesetzen, zum Beispiel bei Wohngeld und BAföG, ist der Begriff Einkommen anders definiert als beim Finanzamt, manchmal ist dann von »bereinigtem Einkommen« oder vom »Einkommen im Sinne des XYZ-Gesetzes« die Rede.
Bei der Einkommensteuer können fast alle beruflichen und viele private Ausgaben »von der Steuer abgesetzt«, das heißt: von den Bruttoeinnahmen abgezogen werden, damit sie nicht zum »zu versteuernden Einkommen« gehören.
Im ersten Schritt werden die beruflichen Ausgaben ermittelt, die bei Jobs auf Steuerkarte »Werbungskosten« und bei Tätigkeiten auf eigene Rechnung »Betriebsausgaben« heißen. Als Differenz von beruflichen Einnahmen und Ausgaben ergeben sich die »Einkünfte«, die positiv (»Gewinne«) oder negativ (»Verluste«) sein können. Der Saldo aller Gewinne und Verluste ergibt den »Gesamtbetrag der Einkünfte«, der den beruflichen Teil der Steuererklärung abschließt.
Im privaten Teil der Steuererklärung geht es um Ausgaben, die aus sozialpolitischen Gründen die Steuerlast senken sollen. Dazu gehören Versicherungsbeiträge, Spenden, Kosten des Erststudiums und andere »Sonderausgaben«, aber auch so genannte »außergewöhnliche Belastungen« wie Krankheits- oder Scheidungskosten. Nach Abzug der anerkannten Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen vom Gesamtbetrag der Einkünfte ergibt sich das Einkommen, das bei den meisten Steuerpflichtigen mit dem zu versteuernden Einkommen identisch ist, aus dem dann die Steuerlast abgeleitet wird.
Die meisten Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen werden nicht vollständig, sondern entweder nur bis zu einer bestimmten Höhe oder erst ab Überschreiten einer bestimmten Schwelle steuerlich anerkannt. So wird bei Krankheitskosten eine von der Höhe der Einkünfte, der Anzahl der Kinder und vom Familienstand abhängige »zumutbare Belastung« abgezogen, während Spenden bei 20 % des Gesamtbetrages der Einkünfte und Studienkosten bei 4.000 Euro jährlich gedeckelt werden.
Eine besondere Anrechnungsmethode gilt für Versicherungsbeiträge, die wegen ihrer sozialpolitischen Bedeutung mehrfach Gegenstand von Prozessen vor dem Bundesfinanzhof und dem Bundesverfassungsgericht waren. Bis 2004 wurden alle Versicherungsbeiträge in einen Topf geworfen und ein von der Höhe des steuerpflichtigen Lohns abhängiger Betrag anerkannt, der vor allem bei Besserverdienenden nur einen geringen Teil der realen Beiträge ausmachte. Seit 2005 findet ein Übergang zur völligen Steuerfreistellung der Rentenbeiträge statt, bei dem ein jährlich wachsender Anteil dieser Beiträge absetzbar ist.
Für alle anderen Beiträge (z.B. Krankenkasse, Haftpflicht- oder Unfallversicherung) gilt seitdem die Formel: anerkannt werden maximal 11 % des Gesamtbetrages der Einkünfte, jedoch maximal 1.500 Euro bei Ledigen bzw. 3.000 Euro bei Verheirateten. Gegen diese Beschränkung ist erneut geklagt worden, so dass ab 2010 eine noch nicht näher bekannte Neuregelung erfolgen soll, die voraussichtlich die Beiträge für eine normale Krankenversicherung steuerfrei stellen wird. Da bei Jahreslöhnen bis knapp 20.000 Euro brutto die bis 2004 geltende Regelung sich im Normalfall günstiger auswirkt als die ab 2005 geltende, rechnet das Finanzamt kulanterweise stets beide Varianten durch und berücksichtigt den höheren absetzbaren Betrag.
Der steuerfreie Grundbetrag für Ledige belief sich 2008 auf 7.664 Euro und wurde mit dem Konjunkturpaket vom Februar 2009 rückwirkend zum 1.1.2009 auf 7.834 Euro angehoben, 2010 steigt er weiter auf 8.004 Euro an. Verheiratete, die sich gemeinsam zur Steuer veranlagen lassen, dürfen diese Beträge jeweils verdoppeln, denn das Ehegattensplitting sorgt dafür, dass solche Ehepaare unabhängig von der realen Aufteilung der beiden Einkünfte stets so viel Steuern zahlen, als hätten beide Eheleute exakt die Hälfte des gemeinsamen Einkommens verdient.
Mit diesem in Europa ziemlich einzigartigen System, das von der sonst geltenden Individualbesteuerung abweicht, sparen Ehepaare umso mehr, je größer der Unterschied zwischen beiden Einkommen ist. Mitunter, etwa bei hohen Krankheitskosten eines Ehegatten, ist die umgekehrte Strategie, nämlich getrennte Besteuerung, günstiger; dies kann man mit Steuer-Software alternativ ausrechnen lassen.
Von jedem Euro oberhalb des Grundfreibetrages werden Steuern einbehalten, anfangs wenig, bei höheren Einkommen immer mehr. Dieser ansteigende Steuerverlauf heißt Progression und reicht seit 2009 vom Eingangssteuersatz 14 % bis zum Spitzensteuersatz von 45 %. Jeder Steuerpflichtige kann sich auf der Website des Finanzministeriums (www.abgabenrechner.de[1]) anzeigen lassen, wie viele Steuern bei einem bestimmten Einkommen fällig werden.
Die neben der Steuerhöhe interessanteste Zahl ist die so genannte »Grenzbelastung«, die entweder Null beträgt oder zwischen 14 % und 45 % liegt. Dieser Wert gibt an, wie viel Steuern von jedem zusätzlich verdienten Euro einbehalten werden bzw. wie viel Steuerrückerstattung es für jeden zusätzlich anerkannten Euro an Ausgaben gibt. Werden dort z.B. 20 % angezeigt, dann führen Studiengebühren von 1.000 Euro zu einer Minderung der Einkommensteuer von 200 Euro, während umgekehrt für 500 Euro zusätzliches Einkommen 100 Euro Steuern fällig werden.
Die Steuererklärung besteht aus mehreren Formularen. Jede steuerpflichtige Person bzw. jedes gemeinsam veranlagte Ehepaar hat einen Mantelbogen auszufüllen, in dem auf Seite 1 die persönlichen Angaben einzutragen sind. Auf Seite 2 ist anzukreuzen, aus welchen Quellen die Einnahmen stammen, ob Kinder vorhanden sind und ob Arbeitslosen- oder Krankengeld bezogen wurden. Seite 3 ist für Sonderausgaben und Seite 4 für außergewöhnliche Belastungen reserviert. Für jede Einnahmequelle gibt es ein eigenes Formular. Für die nichtselbstständigen Jobs auf Steuerkarte ist das die Anlage N, für Tätigkeiten auf Gewerbeschein die Anlage G, für freiberufliche selbstständige Tätigkeiten die Anlage S. Während auf Anlage N die anfallenden Werbungskosten einzeln eingetragen werden können, ist auf den Anlagen G und S nur Platz für das Endergebnis der Gewinn- und Verlustrechnung, die auf der zusätzlichen Anlage EÜR (für: Einnahmenüberschussrechnung) detailliert vorzunehmen ist. Für Zinsen und andere Kapitaleinkünfte gibt es die Anlage KAP, für ausländische Einkünfte die Anlage AUS, für Sonstiges (Waisenrente, Unterhalt) die Anlage SO. Auch für jedes Kind, für die Riester-Rente, für selbst genutztes Wohneigentum sowie für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bzw. aus Vermietung und Verpachtung gibt es jeweils eigene Formulare.
Da dieser Wust an Formularen so manche Steuerpflichtige überfordert und für viele auch meist überflüssig ist, wurde vor einiger Zeit eine »Vereinfachte Einkommensteuererklärung für Arbeitnehmer« eingeführt, bestehend aus einem zweiseitigen Formular, in das im Extremfall nur die persönlichen Daten und das eTIN-Kürzel der Lohnsteuerbescheinigung einzutragen ist. Dieses Kurzformular eignet sich auch für Studierende, und zwar immer dann, wenn neben Einnahmen auf Steuerkarte keine oder nur geringe Einkünfte (bis 410 Euro pro Jahr) auf Honorarbasis erzielt wurden und die Bruttoeinnahmen auf Steuerkarte maximal 11.000 Euro betragen. Bis zu dieser Einnahmenhöhe sind nämlich keine Steuern fällig, so dass die beim vereinfachten Formular fehlende Möglichkeit, Studienkosten anzugeben, nicht ins Gewicht fällt.
Diese vereinfachte Erklärung kommt daher vor allem für diejenigen in Betracht, die mehrere Jobs auf Steuerkarte parallel ausgeübt haben und aus diesem Grund gezwungen sind, trotz niedriger Gesamteinnahmen eine Steuererklärung abzugeben. Wer mehrere Steuerkarten gleichzeitig verwendet und den Abzug von mindestens 15 % Lohnsteuer in Steuerklasse VI vermeiden möchte, kann immer dann, wenn der Hauptjob weniger als 900 Euro brutto pro Monat einbringt, den an 900 Euro fehlenden Betrag als Freibetrag auf die Steuerkarte(n) mit Klasse VI übertragen, was dann auf der ersten Steuerkarte als »Hinzurechnungsbetrag« vermerkt wird. Dem Finanzamt müssen dazu alle betroffenen Steuerkarten vorgelegt werden. Wer sich dabei das Ausfüllen des Antrages auf Lohnsteuerermäßigung nicht zutraut, kann auch einfach beim Finanzamt mündlich erklären, welche Zahlen eingetragen werden sollen. Auf diese Weise spart man schon während des Jahres Steuern und muss nicht bis zum Folgejahr auf eine Rückerstattung warten.
JOACHIM HOLSTEIN
Im nächsten Ratgeber: Ist das Studium Beruf oder Privatsache?
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/147561.jobben-im-studium.html