NPD-Verbot reicht nicht

  • Sebastian Wertmüller,DGB-Regionsvorsitzender Niedersachsen-Mitte
  • Lesedauer: 2 Min.

Moralisch und politisch gibt es die besten Gründe für einen aktiven Antifaschismus. Die gewerkschaftliche Realität ist aber häufig verhaltener. Entsprechend ist dann oft die Ausführung: Uneinheitlich in Zielrichtung und Position, verstaubt wie die »Keinen Fußbreit ...«-Rhetorik der 70er Jahre. Meist ohne Beteiligung von Migranten ziehen wir durch die Straßen. Hartnäckig fordern wir ein Verbot der NPD – was sinnvoll ist, aber in Anbetracht einer veränderten Naziszene keine Antwort und erst recht keine Strategie ist.

Auch beim Thema »Rechtsextremismus in der Mitte der Gesellschaft« bleiben wir meist auf halbem Wege stecken. Die Balken im eigenen Auge nehmen wir erst wahr, wenn wir mit dem Kopf bzw. einer Umfrage darauf gestoßen werden. Ich erinnere an manche vermeintlich linke Diskurse mit ihrer Anschlussfähigkeit nach rechts: Die Heuschrecken-Dämonisierung des Finanzkapitals und an standortnationalistische Haltungen.

Dabei genießen Gewerkschaften einen großen Vertrauensvorschuss im Kampf gegen Rechts. Wir gelten als authentisch und bündnis- und aktionsfähig. Daraus lässt sich mehr machen.

Wir dürfen nicht nur auf Naziaufmärsche reagieren, sondern müssen kontinuierlich mit der Thematik umgehen. Das heißt, in der Mitte der Gesellschaft zu agieren und Rassismus und Antisemitismus dort zum Thema machen. Und wir müssen die eigene Arbeit (selbst)kritisch begleiten.

Dazu gehört Partizipation in Betrieb und Gesellschaft: Wer gestalten kann, denkt und handelt weniger autoritär. Gelebte Demokratie – auch in der eigenen Organisation – ist eine Antwort auf nazistisches Denken.

Mit der Globalisierungs- und Kapitalismuskritik, der Anbiederung an die Arbeiterbewegung und einer »linken« Rhetorik werden Neonazis und Rechtsextreme zunehmend zu einer Bedrohung. Wenn die Gewerkschaften hier ihrem Auftrag nachkommen, tut es sowohl uns wie auch einer demokratischen Gesellschaft nur gut. Und neue Mitglieder, die wegen unseres klaren antifaschistischen Profils zu uns stoßen, können wir nur auf das herzlichste begrüßen.

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